Vincenz-Prozess
«Völlig übertrieben»: Der Thurgauer Unternehmer Hausi Leutenegger ist empört über das harte Urteil im Vincenz-Prozess

Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wurde von einem Zürcher Gericht zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Hausi Leutenegger traf Vincenz seit Jahren an der Olma, um eine Bratwurst zu essen – und wird es weiterhin tun.

Enrico Kampmann
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Hausi Leutenegger ist seit 55 Jahren Kunde bei der Raiffeisenbank. Er sagt, daran werde auch das Urteil nichts ändern.

Hausi Leutenegger ist seit 55 Jahren Kunde bei der Raiffeisenbank. Er sagt, daran werde auch das Urteil nichts ändern.

Bild: Walter Bieri/Keystone

Das Bezirksgericht Zürich hat Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz der mehrfachen Veruntreuung, der mehrfachen qualifizierten untreuen Geschäftsbesorgung und der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig gesprochen. Er wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Untersuchungshaft von 106 Tagen soll angerechnet werden. Zusätzlich gibt es eine bedingte Geldstrafe von 280 Tagessätzen zu 3000 Franken. Sein Anwalt hat angekündigt, Berufung einzulegen. Der 82-jährige Thurgauer Hausi Leutenegger ist Unternehmer, ehemaliger Bobfahrer, Schauspieler – und einer der besten Kunden der Raiffeisenbank.

Was halten Sie vom Urteil?

Hausi Leutenegger: Die Strafe ist völlig übertrieben!

Vincenz und sein Geschäftspartner Beat Stocker sollen unrechtmässige Gewinne in Millionenhöhe eingestrichen haben.

Es passieren viel schwerwiegendere Dinge. Was ist mit all den Bankern, die ihre Unternehmen mit krummen Geschäften um Millionen gebracht haben? Die Raiffeisen hat am Ende durch Vincenz keinen grossen Schaden erlitten. Und bei der Swissair-Geschichte ist auch niemand bestraft worden.

Was meinen Sie?

Vor 20 Jahren wurde die Swissair durch die Geschäftsleitung ins Elend geführt. Ich bin damals sehr viel geflogen und habe mit eigenen Augen gesehen, wie die Manager mit Kind und Kegel auf Kosten der Firma um die ganze Welt geflogen sind. Das hat auch viel Geld gekostet. Die hätten ins Zuchthaus gehört, stattdessen zahlte man ihnen Entschädigungen aus.

Hat Sie das Urteil überrascht?

Der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz.

Der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz.

Michael Buholzer / KEYSTONE

Mir ist fast das Telefon aus der Hand gefallen, als ich es erfahren habe. Ich hätte gedacht, dass es zumindest eine bedingte Freiheitsstrafe gibt.

Warum denken Sie, ist die Strafe so hart ausgefallen?

Man wollte einfach ein Exempel aus ihm machen. Er hat schliesslich niemanden umgebracht.

Sie sind langjähriger Raiffeisenkunde. Werden Sie das nun überdenken?

Meine Firma und ich gehören seit 55 Jahren zu den besten Kunden der Raiffeisen und daran ändert sich nichts. Während dieser ganzen Zeit wurde ich nie von ihr enttäuscht. Für mich ist und bleibt sie die Nummer eins. Es tut mir leid, dass diese Geschichte zu einem Image-Schaden werden könnte.

Sie sind persönlich befangen, weil Sie Pierin Vincenz schon lange kennen?

Die Bank ist auch dank mir so gross geworden, da ich einer ihrer wichtigsten Kunden bin. Das ich dabei Pierin Vincenz kennen gelernt habe und mit ihm per Du bin, ist klar. Ich esse mit Pierin jedes Jahr an der Olma eine Bratwurst und werde dies auch weiterhin tun.