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Die Trophäe wurde ihm im «Freihof» am Drachenfest, zwischen Guggenklängen und Schnitzelbanggen, verliehen. Wichser sei gesinnungsflexibel, hiess es in der Würdigung des Preisträgers.
Bevor Raiffeisen-Bankleiter Roger Wichser Ende März frühzeitig und auf eigenen Wunsch in Pension geht, räumt er noch den begehrten und einzigartigen Gossauer Fasnachtspreis ab: den Drachenpreis. Mit dem langjährigen Sponsoring hat Raiffeisen Gossau-Andwil-Niederwil die Verleihung des Drachenpreises erst möglich gemacht, was wiederum heisst, dass Wichser seinen eigenen Preis sponsert.
Trotzdem: Die Drachentöter würdigten den Banker und Dorf-Versteher Wichser für die finanzielle und ideelle Unterstützung von Gossauer Sport- und Kulturvereinen. Stefan Häseli, der das Drachenfest moderierte, sagte, dass Wichser auch alle anderen Kriterien für einen Preisträger erfülle: Er sei humorvoll, passe in keine Schublade, sei gesinnungsflexibel, ein guter Mensch und gehöre einer Minderheit an. Wichser nahm den Preis mit einer lockigen schwarzen Perücke auf dem Kopf in Empfang.
Der im Thurgau wohnhafte Banker ist der sechste Preisträger; er folgt auf die Schnitzelbänggler Adrian und Cornel Fürer alias «Zwei Räppler», Flig-Urgestein Alfred Zahner, «Freihof»-Beizer Sepp Brunschwiler, Frauen-Rechtlerin Brigitte Holenstein-Gemperle und Sport-Chef Norbert Thaler im vergangenen Jahr. Auch Thaler trug eine schwarze Perücke. Abgesprochen? Vielleicht im Trend? Der Wanderpreis wurde vom Gossauer Motorsägen-Künstler Mario Campigotto aus einem Stück Hartholz gesägt und bleibt das Jahr hindurch im «Freihof»; der Preisträger erhält jeweils eine kleinere und leichtere Version des Drachens.
Es ist keine Stimmung aufgekommen
Die Drachentöter haben ihr Drachenfest wieder im «Freihof» durchgeführt. Die Hofstube war dieses Jahr mehr als spärlich dekoriert. Auch waren nur wenige Fasnächtler richtig kostümiert – viele hatten sich einzig mit Hüten geschmückt, da war das Servicepersonal fantasievoller: Die Frauen und Männer waren als Piraten, Nonne, Clowns, Cowboys oder Squaw verkleidet.
Stimmung wollte ebenfalls nicht so richtig aufkommen. Nicht einmal die einheimische Guggenmusik Gassächlöpfer schaffte es, die Gäste in Fasnachtslaune zu versetzen. Bereichert wurde das Drachenfest von Schnitzelbanggen: Von Gallomisto aus St.Gallen, den Alliglattohren aus Flawil, den Thurgeier aus Bischofszell, den Sittestächer aus Rorschach. Sie alle versprühten ihr Gift, lästerten über die Fussball-Weltmeisterschaften in Katar und die Deutschen, die Energiekrise, die Olma, Schepenese, Milo Rau und Paul Rechsteiner.
Mit Spannung wurden die einheimische Schnitzelbänggler «Zwei Räppler» erwartet; sie wurden ihrer Favoritenrolle gerecht. Das Fasnachtspublikum sang den Fasnachtsrap mit und versuchte die anspruchsvollen Helgen-Rätsel zu lösen. Die Brüder Adrian und Cornel Fürer schafften es: Es kam tatsächlich Stimmung auf. Sie machten sich beispielsweise, wie andere Schnitzelbanggen auch, über die elektronische Abstimmungsanlage im Gossauer Parlament lustig: «Zum lumpigi drissig Stimme zelle, häts Parlament e Maschine wölle. Das wird nöd funktioniere, das isch mir klar, Parlamentarier sind unberechenbar.»
Sie streuten das Gerücht, dass der Bundesrat das Restaurant Mult wieder eröffnen werde – eine Steilvorlage dazu liefert natürlich Albert Rösti mit seinem Nachnamen. Das Fett weg bekam wie erwartet auch Stadtpräsident Wolfgang Giella, der im vergangenen Jahr seinen Beitritt zur FDP bekannt gegeben hatte. Er war mit einem roten Zylinder und einem Edelweisshemd kostümiert. Der Gossauer Stadtrat war übrigens vollzählig anwesend.
Zeitung «Drachentöter» geht an alle Haushaltungen
Giellas Parteizugehörigkeit wird auch im «Drachentöter», dem Publikationsorgan der Gossauer Fasnacht, thematisiert. Erzählt wird die Geschichte «des nackten Gockels Wolfi» und man kann «die nie gehaltene Rede des Wolfgang G» lesen.
Federn lassen muss aber nicht nur der Stadtpräsident, sondern das müssen auch die Stadträtinnen und Stadträte, King Charles, Pierin Vincenz…
Der «Drachentöter» steht unter dem Motto «Heile Welt», die anscheinend in Gossau gar nicht so heil ist. Die Redaktion macht sich Sorgen um den Lehrermangel, der von heute auf morgen unangekündigt in Gossau herrscht. Die Fasnächtler machen sich auch Gedanken über die Aufwertung der Bahnhofstrasse. Gossau soll nach Energiestadt, Fairtradetown, Blue Community auch Gender-City werden, ist nachzulesen. Eine Doppelseite ist zudem den Energiespartipps und -tricks gewidmet. Der «Drachentöter» Nr. 8 wurde am Schmutzigen Donnerstag in alle Haushaltungen verteilt.