Stromkunst
Mit Stickereimustern gegen Schäden vorgehen: Die St.Galler Stadtwerke testen in einem Pilotprojekt den respektvollen Umgang mit öffentlichem Eigentum

Die optische Aufbesserung von Kabelverteilkabinen soll die Anzahl an Schäden und Verunreinigungen reduzieren. In einer einjährigen Testphase möchten die St.Galler Stadtwerke herausfinden, ob das möglich ist.

Davide De Martis
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René Brandenberger neben einer der zehn verzierten Kabelverteilkabinen, die in verschiedenen Bereichen der Stadt aufzufinden sind.

René Brandenberger neben einer der zehn verzierten Kabelverteilkabinen, die in verschiedenen Bereichen der Stadt aufzufinden sind.

Bild: Davide De Martis

Wer durch die Stadt St.Gallen spaziert, hat womöglich schon die mit Stickereimustern verzierten Kabelverteilkabinen bemerkt. Die Muster dienen nicht nur der Verschönerung des Stadtbildes an sich. Die St.Galler Stadtwerke testen in einem Pilotprojekt, ob sie mit den Sujets auf den Türen der Stromkästen, wie diese umgangssprachlich genannt werden, die Anzahl an Schäden und Verunreinigungen verringern können.

Kabelverteilkabinen kommen nicht nur bei der Umleitung von Strom zum Einsatz. Sie werden von der Bevölkerung täglich für die unterschiedlichsten Dinge gebraucht: als Tor für fussballspielende Kinder, als Ablage oder Sitzgelegenheit – oft auch missbräuchlich. Teils kommt es auch zu Vandalismus, bei dem sie beschädigt werden und Risse entstehen. Das könne gefährlich werden, sagt René Brandenberger, Ressortleiter Anlagenbau der St.Galler Stadtwerke.

Unkosten und Mehraufwand sollen reduziert werden

Werden die Kabelverteilkabinen beschädigt, so wird es leichter, in Berührung mit dem Innern der Anlage zu geraten. Bei Kontakt können die Stromschläge lebensgefährlich sein. Die Stadtwerke sind für den elektrotechnischen Unterhalt und die Sicherheit der Stromkästen verantwortlich.

Doch auch die Kosten für die Beseitigung von Schmierereien und die Reparaturen sollen reduziert werden. Werden die Türen bemalt, müssen sie abmontiert und von Mitarbeitenden der St.Galler Stadtwerke gereinigt und übermalt werden. «Das ist ein enormer Mehraufwand», sagt Brandenberger. Beschädigte Türen sind unbrauchbar und werden gänzlich ersetzt. Der Ressortleiter Anlagenbau sagt:

«Die Kabelverteilkabinen sind Eigentum der Stadt und somit auch der Bevölkerung. Das Bemalen und Beschädigen gilt als Sacheigentumsbeschädigung und ist strafbar.»

Das Pilotprojekt entstand mit dem Ziel, die Unterhaltskosten zu senken und zu einem positiven Stadtbild beizutragen. In der Stadt gibt es insgesamt 790 Kabelverteilkabinen. Zehn davon wurden anhand des regulären Instandhaltungsverfahrens ausgesucht und im Rahmen des Pilotprojekts mit St.Galler Stickereimustern verschönert. Sie stehen in unterschiedlichen Stadtteilen.

Nach Ablauf der einjährigen Pilotphase im Sommer 2023 werden die Beobachtungen und Resultate ausgewertet. Je nachdem wird über eine Ausweitung entschieden. Die St.Galler Spitzenmuster sind einzigartig und mit der Kultur der Stadt als ehemalige Stickereihochburg verbunden.

Optische Aufbesserung und Sicherheit gehen miteinander einher

In der Stadt sind momentan drei verschiedene Sujets zu sehen. Je nach Lage haben die Kabelverteilkabinen einen anderen Farbton, damit sie ins Stadtbild passen. Die Gestaltung hat eine St.Galler Firma übernommen. Für die Umsetzung des Pilotprojekts hat das Amt für Baubewilligungen den St.Galler Stadtwerken ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren signalisiert.

Die Stadtwerke feiern dieses Jahr zudem 125 Jahre Strom in St.Gallen. Deshalb passe das Projekt gut. Schon immer war es ihnen ein Anliegen, zu einem schönen Stadtbild beizutragen – doch die Sicherheit stehe an erster Stelle, sagt Brandenberger. Die Stromkästen werden alle nach bestimmten Normen gebaut und sehen in der ganzen Stadt gleich aus. Sie müssen stabil genug sein, dass sie auch einem Verkehrsunfall standhalten.

Den Innenbereich der Kabelverteilkabinen bauen die Stadtwerke seit 20 Jahren selbst aus. Damit niemand Zugang zum Innern der Anlagen findet, werden diese regelmässig geprüft. Auch ist es wichtig, dass die Warnplaketten auf den Türen immer sichtbar sind – auch mit der neuen Beschichtung.