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Der parteilose Bauer Stefan Müller kandidiert für den Muoler Gemeinderat. Sorge bereitet ihm, dass immer mehr Restaurants verschwinden.
Landwirt Stefan Müller hatte lange keine Zeit, in die Politik zu gehen. Er war mit Hausbau, Hofumbau, Viehzucht und Familie beschäftigt. Jetzt sind seine vier Söhne 12, 14, 16 und 18 Jahre alt und er kandidiert für den Muoler Gemeinderat. Dazu wurde Müller von der Findungskommission angefragt. «Es ist mir eine Ehre», sagt der 43-Jährige, der keiner Partei angehört, sich aber als «eher rechts» bezeichnet.
So befürwortet er die Begrenzungsinitiative, obschon er einen rumänischen Mitarbeiter beschäftigt. Dieser ermögliche es seiner Familie, wie anderen Bauern auch, einmal im Jahr mit dem Wohnwagen Ferien zu machen, zum Beispiel im Berner Oberland.
Die vier Söhne packen auf dem Hof mit an. Auch seine Eltern, die im Haus nebenan wohnen, stehen jeden Morgen früh im Stall. Müller strahlt übers ganze Gesicht:
«Ich habe eine tolle Frau und eine coole Familie. Alle ziehen am gleichen Strick.»
Muolen zählt rund 50 Bauernbetriebe bei 1200 Einwohnern. «Da macht es Sinn, dass ein Bauer im Gemeinderat sitzt», sagt der Kandidat, der keine Konkurrenz hat. Vor elf Jahren ist er aus Steinach zugezogen.
Kurioserweise ist der abgeschiedene Weiler Obergrünenstein, wo Müllers wohnen, im Telefonbuch bei Lömmenschwil zu finden. Der Bauer wird von dort aus mit der Post beliefert, zahlt seine Steuern aber in Muolen. «Ich gehöre zu den höchsten Muolern. Zumindest geografisch», sagt er und schmunzelt.
Die Digitalisierung hat auch in seinem Freilaufstall Einzug gehalten: Jede der 110 Milchkühe hat einen elektronischen Sender. Dieser schickt ein Signal an den Computer des Bauern, wenn etwa die gemolkene Milchmenge von der Norm abweicht. «So kann ich frühzeitig reagieren, wenn eine Kuh krank wird.»
Er lege darauf Wert, dass seine Kühe jeden Vormittag draussen weiden können. Das sei ein grosser Aufwand, aber einer, der sich lohne.
«Das Sonnenlicht und die frische Luft sind wichtig für die Gesundheit der Tiere.»
Müller bewirtschaftet 56 Hektaren Land, baut Weizen und Futtermais an. «Das Reparieren von Traktoren und Maschinen ist mein Hobby», sagt der gelernte Landmaschinenmechaniker, an dessen Ohrläppchen ein silberner Traktor glänzt.
Drei Schweine wälzen sich im Schlamm unter einer Linde. «Viele Wanderer erfreuen sich an ihnen», sagt Müller, der die Sauen für den Eigenbedarf mästet. Im Frühling kauft er die Ferkel, im Herbst werden sie geschlachtet. Das lohne sich wirtschaftlich nicht, gebe aber ein idyllisches Bild ab, zusammen mit Hund, Katz, Hühnern und Kaninchen.
Er serviert eine Schorle in seinem herausgeputzten Garten. «Als künftiger Gemeinderat könnte ich Ansprechperson sein bei Themen wie Strassenbau, Abwasser, Tierschutz und Biodiversität», sagt er. Dabei hat er vor dem Haus einen englischen Rasen und sterile Steinflächen. Ist Biodiversität bei Müllers tatsächlich ein Thema? Seine Frau ist Gärtnerin, sein Sohn Landschaftsgärtner, zusammen hätten sie den Garten so gestaltet.
«Dafür haben wir nebenan auch einen Bauerngarten mit Blumen, Insektenhotels und Wildbienen.»
Der grösste Trumpf sei, dass Muolen mit Bus und Zug gut erschlossen ist. Auch die jährliche Viehschau mit über 600 Kühen, die jeweils geschmückt und zu Fuss ins Dorf geführt werden, sei ein Highlight. In diesem Jahr wurde sie abgesagt.
«Wir haben bald keine Restaurants mehr. Das stimmt mich traurig.»
«Adler» und «Rössli» wurden abgebrochen und überbaut. «Wir sollten den wenigen Restaurants, die wir noch haben, die Stange halten.»
Er ist froh, dass immerhin der «Rösslibeck» eine neue Filiale eröffnet hat, die den Dorfkern belebt. Es gebe keine Metzgerei mehr und gerade noch 30 Gewerbebetriebe. «Es ist wichtig, dass wir Aufträge an die Handwerker im Dorf vergeben.»
Auch der neu gebaute Mehrzwecksaal sei «öppis Gfreuts». Als Gemeinderat will Stefan Müller Bestehendem Sorge tragen. Wie den 30 Vereinen, der aktiven Dorfmusik und den Turnvereinen. «Da sind wir gut unterwegs, das hält die Jungen im Dorf.»