Acht Teams haben in einer Woche die unförmigen Sandhaufen auf der Arionwiese in Rorschach zu fantastischen Kunstwerken geformt. Publikumssieger wurden Marielle Heessels (Niederlande) und Leonardo Ugolini (Italien) mit «the flat earth Theory». Den ersten Platz der Jury erhielten Maija und Karlis Ile (Lettland) mit der Skulptur «fragile link».
Beim 22. Internationalen Sandskulpturenfestival in Rorschach hatten die Teams das Motto «small world, tiny dreams» also «kleine Welt, winzige Träume» umzusetzen. Die Teams schaufelten und modellierten dieses Jahr erstmals mit Sand aus dem Toggenburg, da kein Goldacher Sand zur Verfügung stand. Laut Festivalleiter Urs Koller lässt sich der Sand aus dem Kieswerk Degersheim sogar noch etwas besser bearbeiten, als der bisher verwendete.
Am Samstagnachmittag versammeln sich auf der Arionwiese viele Zuschauer, um die Sandskulpturen der Künstler zu bestaunen. Besucherin Sandra Zuberbühler sagt: «Man merkt, dass die Leute gegenüber der Kunst Ehrfurcht zeigen. Alle sind gespannt auf die Siegerverkündung heute Abend.» Ihr gefalle besonders die Madonna von Team 8 und die flache Erde von Team 3. Herzig finde sie auch den Sandhaufen, wo die Kinder eifrig spielen.
Agnes und Walter Schär aus Winterthur unterhalten sich über die Sandskulpturen. «Mir gefällt das Mädchen von Team 4 am besten, weil es aussieht als ob es echt wäre», sagt Agnes Schär. Walter Schär ist von der Skulptur von Team 1 fasziniert. «Mich beeindruckt, wie Menschen in die Blumen eingepflanzt wurden.» Irene Eichner ist ebenfalls begeistert vom Sandskulpturenfestival. «Ich habe den Künstlern jeden Tag bei der Arbeit zugesehen.» Das Festival sei eine grosse Bereicherung für Rorschach. Man sehe auch, wie die Besucher Freude haben. «Es ist schön, dass trotz Corona alles so normal wirkt.»
Die gespaltene Madonna bringt Team 8 den Sieg
Kurz vor 17.30 Uhr betritt der Veranstalter Urs Koller die Bühne und verkündet die Siegerteams: Sieger des Speed-Carving ist Karlis Ile. Marielle Heessels und Leonardo Ugolini sind Publikumssieger und haben mit ihrer Skulptur «die Theorie der flachen Erde» die Herzen der Zuschauer gewonnen. Mit dem 3. Platz schaffen es Montserrat Cuesta und Helena Bangert aus aufs Treppchen. Ihre Skulptur heisst «Im Blumenbeet»
Den 2. Platz belegen Jakub Zimacek und Pedro Mira. Ihre Skulptur heisst «eingesperrt». Den ersten Platz belegen Maija und Karlis Ile aus Team 8 mit der Skulptur «zerbrechliche Verbindung»
Die Publikumssieger strahlen. «Es ist schön, dass die Zuschauer unsere Arbeit so schätzen. Das ist ein grosses Kompliment und eigentlich der beste Preis», sagt Heessels.
Auch Maija und Karlis Ile ist die Freude über den Sieg anzusehen: «Wir sind glücklich, dass die Umsetzung geklappt hat und unsere Idee von den Menschen verstanden wurde», sagt Maija Ile. Karlis Ile ergänzt: «Wir sind glücklich, leben aber in einer ernsten Zeit. Die Pandemie wirft die generelle Frage nach dem Leben auf.» Zum einen stelle die Figur das ewige Leben dar. Zum anderen gehöre auch der Tod dazu. «Beide Elemente sind ineinander verflochten. Wenn wir zur Welt kommen, ist unser Leben im Vergleich zum Universum so klein und wir müssen es mit Sorgfalt behandeln. Aber in unserem Herzen gibt es eine Verbindung zwischen dem Tod und der Ewigkeit. Diese Verbindung ist unser Leben», sagt er.
Jurymitglied Cla Coray erklärt, warum die Skulptur des Siegerteams einzigartig ist: «Mit dem Spalt in der Madonna ist das Team bei der technischen Umsetzung an die Grenzen gegangen.» Ausserdem sei das Thema tiefsinnig und philosophisch gewählt. Zudem würde sich die gleiche Faszination ergeben, wenn die Skulptur mit anderen Materialien wie Bronze oder Stein hergestellt worden wäre. Die gespaltene Madonna sei ein skulpturales Erlebnis, so Coray.
Auch der Veranstalter Urs Koller ist zufrieden mit dem Festival und dem Siegerteam. «Technisch war die Arbeit von allen wunderbar, aber die Skulptur von Team 8 hat mich tief berührt.» Dass das Sandskulpturenfestival stattfinde, sei ein Privileg. «Die spontane Unterstützung von so vielen Leuten ist eindrücklich», sagt Koller. Es sei schön, dass trotz allen Widrigkeiten die Kontinuität von schönen Dingen nicht aufhöre.