War die Kündigung des Sarganser Kantilehrers missbräuchlich? Das Verwaltungsgericht soll darüber richten

Der Fall von Lehrer S. an der Kantonsschule Sargans beschäftigt weiter die Gerichte. Am Donnerstag wird vor dem Verwaltungsgericht darüber beraten, ob der Kanton St.Gallen dem entlassenen Lehrer eine Entschädigung bezahlen muss.

Markus Rohner
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Der Streit um einen entlassenen Lehrer an der Kantonsschule Sargans beschäftigt das St.Galler Verwaltungsgericht.

Der Streit um einen entlassenen Lehrer an der Kantonsschule Sargans beschäftigt das St.Galler Verwaltungsgericht.

Michael Kohler

Zum ersten Mal hat diese Zeitung im Januar 2015 über den Fall eines Mathematiklehrers an der Kantonsschule Sargans berichtet. Dem heute 63-Jährigen wurde vom damaligen Rektor, Stephan Wurster, in unregelmässigen Abständen der Vorwurf gemacht, sein Unterricht entspreche nicht immer dem Niveau einer Kantonsschule. Er sei zu anspruchsvoll und oft nicht schülergerecht. Obwohl Untersuchungen durch einen externen Mathematikexperten der ETH Zürich dem Lehrer einen den Schülern angepassten Unterricht attestierten und die Aufsichtskommission den Unterricht immer wieder positiv würdigte, wurde S. vor vier Jahren dennoch die Kündigung ausgesprochen.

Umstrittene Administrativuntersuchung

Für diese Entlassung mitentscheidend war der Bericht einer vom Bildungsdepartement in Auftrag gegebenen Administrativuntersuchung, der im April 2016 zum Schluss kam, dass der Unterricht von S. bei mittleren und leistungsschwächeren Schülern Probleme bereiten konnte. Gerügt wurde damals allerdings auch das Verhalten des zuständigen kantonalen Amtes für Mittelschulen und dessen damaliger Amtsleiter: «Bei einer Betrachtung der Entwicklung des Konflikts (...) und des Ausmasses, das er in der Zwischenzeit angenommen hat, erstaunt aus heutiger Sicht, dass nicht versucht wurde, diese Entwicklung bereits in einem früheren Stadium durch geeignete Massnahmen seitens der zuständigen Behörden zu entschärfen bzw. später noch einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen.»

S. zieht die Unabhängigkeit und Seriosität der Administrativuntersuchung bis heute in Zweifel, weil der Untersuchende, Martin Rutishauser, während Jahren den Rechtsdienst im Bildungsdepartement leitete und selbst zum Zeitpunkt der Untersuchung im selben Departement in einem Arbeitsverhältnis stand. Zudem erachtete es der Ökonom Rutishauser – anders als von S. gefordert – nie für notwendig, Fachleute in Mathematik und Pädagogik für seine Untersuchung beizuziehen.

Rektor hat Amtsgeheimnis verletzt

S. strengte gegen seinen Rektor ein Strafverfahren an und warf ihm unter anderem Amtsmissbrauch, Amtsgeheimnisverletzung und Körperverletzung vor. Wegen Amtsgeheimnisverletzung wurde Stephan Wurster 2018 rechtskräftig verurteilt. In den anderen Anklagepunkten ist Wurster freigesprochen worden. 2016 wurde der inzwischen zurückgetretene Rektor für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. Der Bildungsrat hatte damals allerdings keine Kenntnis von einer strafrechtlichen Verurteilung Wursters aus dem Jahr 2015.

Jetzt wird das Verwaltungsgericht St.Gallen darüber zu befinden haben, ob die Kündigung des Lehrers missbräuchlich war. S. verlangt vom Kanton eine Strafsumme von sechs Monatslöhnen, eine Genugtuungssumme und einen Schadenersatz.

Bekommt der Mathematiklehrer vor Verwaltungsgericht vollständig Recht, wird ihm der Kanton St.Gallen über 200'000 Franken zu überweisen haben.