Die Grünen haben im Kanton Zürich Wähleranteile eingebüsst. Ihr Ziel, Ende Jahr in die Landesregierung einzuziehen, dürften sie verfehlen.
Die Gewinne und Verluste der Parteien waren bemerkenswert klein im Kanton Zürich am vergangenen Sonntag. Es ist darum nicht einfach, Schlüsse zu ziehen für die nationalen Wahlen vom kommenden Herbst. Eines scheint aber klar: Die Grünen werden ihr Ziel, einen Sitz im Bundesrat zu erobern, nicht erreichen.
Die Grünen büssten 1,5 Wählerprozente ein. Im Baselbiet war der Verlust mit 2,7 Prozent gleichentags noch deutlicher. Will die Partei in die Landesregierung einziehen, muss sie ihr gutes Ergebnis von 2019 – sie kam auf 13,2 Wählerprozente – annähernd wiederholen. Das dürfte ihr schwer fallen.
Hinzu kommt: Die Parteien, denen die Grünen einen Bundesratssitz abspenstig machen könnten, stabilisieren sich. Die FDP hat die Serie von kantonalen Wahlniederlagen beendet. Die Mitte gehörte in Zürich zu den Gewinnern. Und die SP, der eine weitere Niederlage vorausgesagt worden war, errang ein zusätzliches Mandat im Kantonsparlament.
Die Grünen sind zwar immer noch klar stärker als vor der grünen Welle, die nach dem Dürresommer 2018 einsetzte. Aber der Partei fehlt das Momentum. Will sie den Druck auf die anderen aufrechterhalten, darf sie nicht zurückfallen.
Strategische Unzulänglichkeiten erschweren das ohnehin anspruchsvolle Unterfangen: Nachdem Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga im Herbst 2022 ihre Rücktritte bekannt gegeben hatten, sahen die Grünen von einem Angriff ab. Nun gibt es aber Parteiexponenten, die fordern: Zur Not könnte man auch den Sozialdemokraten einen Bundesratssitz wegnehmen. Balthasar Glättli wirkt nicht wie ein Parteipräsident, der genau weiss, was er will. Er scheint ein Getriebener der Ereignisse und legt sich einmal in einer Weise fest und dann wieder anders.
Das reicht nicht, um einen Bundesratssitz zu erobern. Weder die Strategie noch die Arithmetik überzeugen. Wie holte die SVP einen zweiten Sitz im Bundesrat? Die Partei stieg 1999 von der viertstärksten zur stärksten Partei auf. Als es der SVP 2003 gelang, dieses Ergebnis zu wiederholen, war allen klar: Die CVP muss einen Sitz an die Volkspartei abgeben. Von einer ähnlichen Dynamik sind die Grünen ziemlich weit entfernt. Darum müssen sie sich weiter gedulden.