Politische Agenda
Landschaftsinitiativen: Die Umweltverbände haben sich für 2019 viel vorgenommen

Eine Allianz von Umweltverbänden will Anfang 2019 gleich zwei Volksinitiativen lancieren – die eine soll das Bauen ausserhalb der Bauzonen eindämmen, die andere die besonders wertvollen Landschaften und Ortsbilder besser schützen

Tobias Bär
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Durch mehrere Initiativen rückt der Landschaftsschutz in den Fokus. Das Bild zeigt einen Schmetterlingsforscher im Einsatz.

Durch mehrere Initiativen rückt der Landschaftsschutz in den Fokus. Das Bild zeigt einen Schmetterlingsforscher im Einsatz.

KEYSTONE

Die Umweltverbände hatten ihre Reaktion von langer Hand geplant. Als der Bundesrat vergangene Woche Anpassungen am Raumplanungsgesetz vorschlug, kündigten sie gleichentags eine Volksinitiative an. Die Stossrichtung: Dem Bauen ausserhalb von Bauzonen sollen klarere Grenzen gesetzt werden. Der Bundesrat zielt in die gegenteilige Richtung, er will den Kantonen im Nichtbaugebiet einen grösseren Spielraum einräumen. Die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative soll Anfang 2019 beginnen.

Doch damit nicht genug: Dieselbe Allianz, bestehend aus den Verbänden Pro Natura, BirdLife, Stiftung Landschaftsschutz (SL) und Schweizer Heimatschutz, will Anfang kommenden Jahres gleich noch ein zweites Volksbegehren lancieren. Es handelt sich um eine Initiative zum besseren Schutz der besonders wertvollen Landschaften und Ortsbilder, die SL-Geschäftsleiter Raimund Rodewald seit Jahren mit sich herumträgt. Nun ist die Zeit reif, wie Rodewald auf Anfrage sagt.

Vorstoss von Eder als Initialzündung

Zwei Initiativen zur gleichen Zeit – das tönt nach einem grossen Kraftakt, sind doch auch schlagkräftige Organisationen schon an der Hürde von 100'000 Unterschriften gescheitert. Die vier Verbände müssen nun die doppelte Anzahl sammeln. Wobei ein Stimmbürger, der die eine Initiative unterzeichnet, in vielen Fällen auch das zweite Begehren unterstützen dürfte.

Die Federführung liegt bei Pro Natura. Deren Zentralsekretär Urs Leugger-Eggimann sagt auf die Frage, weshalb gleich zwei Initiativen nötig sind: «Der Druck auf Biodiversität und Landschaft nimmt stetig zu, diese Themen bekommen von der Politik aber nicht die nötige Aufmerksamkeit. Im Gegenteil: Von ihr kommt die Natur zusätzlich unter die Räder.» Es drohe ein Kahlschlag, so Leugger-Eggimann.

Aufgeschreckt wurden die Umweltverbände unter anderem von einer parlamentarischen Initiative, die der Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder im Jahr 2012 eingereicht hat und die den Schutz der Landschaftsikonen abschwächen will. Vorletzte Woche hat die Umweltkommission des Ständerats ihren Gesetzesentwurf dazu verabschiedet. Eingriffe in besonders geschützte Landschaften sollen demnach weiterhin nur bei Projekten von nationalem Interesse möglich sein. Ein erster Entwurf hatte noch vorgesehen, dass künftig bereits kantonales Interesse genügen könnte.

Für Rodewald ist das kein Grund, seine Landschaftsinitiative in der Schublade zu lassen: «Auch die abgeschwächte Vorlage ist gefährlich, indem sie die Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission, die über die wertvollsten Landschaften wacht, abwerten will.» Ausserdem sei absehbar, dass der Druck auf die Landschaften hoch bleibe, so Rodewald. Die Initiative werde deshalb unabhängig von der weiteren Beratung der Gesetzesvorlage lanciert, «als Schutzpuffer für unsere Landschaftsikonen». Ziel der Umweltverbände ist es, den gegenwärtigen Schutz in der Verfassung zu verankern und auszuweiten. Der Initiativtext wird demnächst zur Vorprüfung an die Bundeskanzlei geschickt.

Mit der anderen Volksinitiative für schärfere Regeln im Nichtbaugebiet wollen die Umwelt- und Landschaftsschützer eine Drohkulisse aufbauen. Das Parlament soll unter dem Eindruck des Volksbegehrens beim Raumplanungsgesetz weniger weit gehen als der Bundesrat. Den «Wildwuchs» ausserhalb der Bauzonen eindämmen will allerdings auch die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen, die schon am 10. Februar zur Abstimmung kommt. Von einer Doppelspurigkeit will Urs Leugger-Eggimann von Pro Natura aber nichts wissen. Die Zersiedelungsinitiative richte sich primär gegen eine Ausweitung der Bauzonen. Diese sollen auf dem heutigen Stand eingefroren werden. Der Co-Präsident der Jungen Grünen, Luzian Franzini, ist gleicher Meinung: Die Initiative der Umweltverbände sei im Bereich Bauen ausserhalb der Bauzonen radikaler als das eigene Volksbegehren, «die beiden Initiativen ergänzen sich also gut».

Eine abstimmungsreife und zwei neue Volksinitiativen: Der Landschafts- und Naturschutz rückt im kommenden Jahr auf der politischen Agenda weit nach oben.