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«No Billag»: Der Abstimmungskampf war so emotional und multimedial wie kaum einer zuvor

Am Sonntag haben wir endlich Klarheit: Das Stimmvolk sagt Ja oder Nein zur «No Billag»-Initiative. Der Abstimmungskampf, der in den letzten Monaten tobte, war emotional und multimedial, wie selten einer zuvor. Ein Rückblick.

Dominic Kobelt
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Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung
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Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: No-Billag-Initiant Olivier Kessler im Januar 2018 an einer Podiumsdiskussion in Luzern.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen (rechts), gehtauf Distanz zum Initiativkomitee: «Der Stil der No-Billag-Kampagne gefällt mir nicht immer», sagt er.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Er schrieb ein Buch über «No Billag»: Radio-Pionier und SRF-Talker Roger Schawinski.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes Hans-Ulrich Bigler ist er überzeugt, dass das öffentliche Medienhaus auch bei einem Ja zur «No Billag»-Initiative am 4. März weiterhin existieren könnte.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Laura Zimmermann, Co-Praesidentin Operation Libero, lanciert den Abstimmungskampf gegen die No Billag Volksinitiative mit einer Fahne, am Dienstag, 5. Dezember 2017, in Bern.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Adrian Amstutz (SVP/BE) kritisiert in der Debatte zur No-Billag-Initiative im Nationalrat die SRG. Die Mehrheit im Rat sieht die Initiative aber als Gefahr für die Demokratie.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Im «No Billag»-Talk stritten sich Jacqueline Badran als Gegnerin und Hans-Ulrich Bigler als Befürworter der Initiative
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: "Es wird sehr vieles behauptet, was nicht stimmt": Bundesrätin Doris Leuthard zum "No Billag"-Abstimmungskampf.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Vertreterinnen und Vertreter von Jungparteien setzen sich für ein Nein zur No-Billag-Initiative ein. Die SRG sei auch für ihre Generation wichtig, sagen sie.
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Medienkonferenz des überparteilichen Komittees "Nein zu No Billag". Im Bild: Liliane Studer (EVP)
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Medienkonferenz des überparteilichen Komittees "Nein zu No Billag". Im Bild: Irène Kälin (Grüne)
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Medienkonferenz des überparteilichen Komittees "Nein zu No Billag". Im Bild: Matthias Jauslin (FDP)
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Medienkonferenz des überparteilichen Komittees "Nein zu No Billag". Im Bild: Beat Flach (glp)
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Medienkonferenz des überparteilichen Komittees "Nein zu No Billag". Im Bild: Ruth Humbel (CVP)
Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung: Christian Riesen, Gregor Rutz, Rolf Cavalli (Moderation), Roger Schawinski und Diana Stärkle (von links) diskutierten in Grenchen über «No Billag».

Die Protagonisten in der «No Billag»-Abstimmung

Montage:az

Die Befürworter der «No Billag»-Initiative verzichteten gänzlich auf Plakate. Umso wichtiger waren im Abstimmungskampf die sozialen Medien, insbesondere Videos. Besonders beliebt: «Hol dir dein Geld zurück», in dem ein Bürger sein Sparschwein rettet und das «Billag-Monster» hinter Gitter bringt. Er wurde knapp 365'000 Mal aufgerufen, weit über 500 Mal geteilt und erhielt über 200 Kommentare.

Auf rund 20'000 Aufrufe schaffte es auch das Erklärstück von Olivier Kessler und Lukas Reimann:

Eine Woche vor der Abstimmung veröffentlichten die Initianten dann auf ihrer Facebook-Seite nochmals Werbespots, die der SRG Masslosigkeit unterstellen:

Promis greifen in den Abstimmungskampf ein

Auch die Initiativ-Gegner griffen tief in die Video-Trickkiste: Im Spot «Was hat die SRG je für uns getan» spielten 33 Promis mit, von Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger über Schlagersängerin Francine Jordi bis zu Schriftsteller Franz Hohler oder das Komikerduo Ursus und Nadeschkin. Mit über 750'000 Aufrufen hat es das beste Befürworter-Video weit überboten.

Ex-Tagesschausprecher Charles Clerc, der in diesem Video mitgespielt hat, trat in einem weiteren Abstimmungsclip auf:

Comedian Michael Elsener hatte mit seinem Kommentar in kritischer, aber sehr satirischer Form ebenfalls bahnbrechenden Erfolg. Auf Youtube wurde es rund 73'000 Mal aufgerufen, auf Facebook gar beinahe 700'000 Mal.

Ihm machten es Viktor Giacobbo und Mike Müller nach, die für den Abstimmungskampf nochmals in die Rollen von Burri Hanspeter und Fredi Hinz schlüpften.

Um die Gefahren der Volksinitiative aufzuzeigen, haben zudem über 40 Filmschaffende unentgeltlich und unabhängig drei kurze Spots produziert. Diese behandeln die Privatisierung von öffentlichen Institutionen wie der Feuerwehr, der Schule und der Trottoirs.

Und auch der Rapper Sam National meldete sich mit einem Song zur Initiative:

Auch die Abstimmungs-Sendungen waren aussergewöhnlich

Bereits in einer Arena-Sendung im November 2017 gaben sich Gegner und Befürworter Saures. Richtig interessant wurde es aber erst in der zweiten Abstimmungs-Sendung. Was denkt eigentlich das Volk zur «No Billag»-Initiative? Diese Frage stellte Moderator Jonas Projer in die Publikumsarena-Runde – und Herr und Frau Schweizer antworteten. Diskutiert wurde wie wild. So wild, dass sich selbst Projer ab und zu ein bisschen setzen musste.

Auch nach der zweiten Arena-Sendung zur «No Billag»-Initiative gingen die Wogen hoch: So bekam SRF-Ombudsmann Arbeit – die Initianten reichen Beschwerde ein. Roger Blum reichte zudem nach einer Beschwerde, die von einem Befürworter einging, selbst Strafanzeige gegen diesen ein.

In der dritten «No Billag»-Arena kamen sich Jonas Projer und Oliver Kessler dann so richtig in die Haare.

Nach der hitzigen Diskussion herrschte gehässige Stimmung. Kessler sprach von einer "SRF-Skandal-Arena". In den sozialen Medien musste sich Projer gar üble Drohungen gefallen lassen.

Der Eklat in der Arena war vielleicht einer der Gründe, warum sich Kessler anschliessend aus den Medien zurückzog. Der BaZ wollte er offenbar ein Interview geben – aber auch diese Episode des Abstimmungskampfes endete ungewohnt: Das Interview wurde nicht gedruckt, weil es zwischen den Journalisten und Kessler zu unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten kam.

Die Befürworter fühlten sich ungerecht behandelt und stellten deshalb kurzerhand eine eigene «Arena»-Sendung auf die Beine. Einer war dann in der Sendung aber kaum zu stoppen: SRG-Präsident Jean-Michel Cina ärgerte sich, schüttelte den Kopf, unterbrach – und schaffte es immer wieder, das Wort an sich zu reissen.

Und auch auf Twitter tobte der Abstimmungskampf heftig. Nicht zuletzt gab es auch Beiträge zum Schmunzeln:

Wie sehr sich das alles auf den Ausgang auswirkt, bleibt abzuwarten. Laut Umfragen wird die Initiative scheitern.