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Wo man hinschaut, welche Zeitung auch immer man aufschlägt, welchen Radio- oder Fernsehsender man einschaltet, in welchen sozialen Medien man sich gerade tummelt oder welche Online-Blogs man abonniert hat: Greta Thunberg ist einfach überall. Die junge schwedische Klimaaktivistin, die den Grossen dieser Welt immer wieder mal die Leviten liest, hat mehr Impact, als man je vermutet hätte.
Noch vor einem Jahr hockte sie einsam vor dem schwedischen Parlamentsgebäude mit einem Schild, auf dem stand: «Ich streike fürs Klima.» Inzwischen hat sie Millionen vor allem junge Leute mobilisiert, die für ihre eigene Zukunft kämpfen und keine faulen Kompromisse wollen.
Schülerinnen und Schüler weltweit gehen zu Millionen auf die Strasse, auch in der Schweiz wird am Freitag immer wieder mal die Schule geschwänzt ... Pardon: fürs Klima gestreikt.
Auch die Schweizer Politik ist unter Druck: Parteien und Politiker überbieten sich im Vorfeld der Wahlen gegenseitig im Grünerwerden, selbst wenn diese Farbe so gar nicht in ihr übliches Farbschema passt. Und sogar der Ständerat hat eine schärfere Gangart eingeschlagen, wie man hören und lesen konnte.
Treibhausgase, CO2, Klimaerwärmung, alles irgendwie unfassbare Begriffe. An den Stammtischen, den digitalen und den realen in der Beiz, können «Hater» jetzt aber so richtig «die Sau rauslassen.» Mit Greta haben sie endlich ein Feindbild. Es geht sogar so weit, dass Facebook-Promis ihre Freundeslisten danach bereinigen, ob man für oder gegen die junge Aktivistin ist. Die «Greta-Frage» entscheidet über den Verbleib.
Und was bitte hat das alles in einem Grenchner Stadtbummel verloren? Nun: Die Herbstferien beginnen nächste Woche. Und den Stadtbummler hat es interessiert, ob die «Klimahysterie», wie sie von vielen bezeichnet wird, auch hier irgendwie eine Auswirkung hat. Immerhin häufen sich Artikel in dieser Zeitung über schmelzende Gletscher, drohende Felsstürze, weil auch in den Alpen die sonst permafrostgefrorenen Felsen auftauen. Das Klima wird wärmer und dass das völlig natürlich und unbedenklich ist, behaupten wirklich nur noch ein paar Ewiggestrige. Den meisten ist klar, dass die Wissenschafter, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigen, wohl nicht falsch liegen.
Aber streikende Schülerinnen und Schüler hat der Bummler noch an keinem Freitag entdecken können. Und Grenchen ist nach wie vor eine Autostadt, das kann niemand bestreiten. Jetzt, da die Ferien beginnen, wollte der Stadtbummler aber wissen, ob die Grenchnerinnen und Grenchner wenigstens weniger ins Flugzeug steigen, auf Kreuzfahrten verzichten – mit die grössten CO2-Treiber – eher Reisen mit dem Zug buchen, ja sogar eventuell ganz darauf verzichten, wegzufahren oder zu fliegen?
Im Reisebüro Vasellari an der Marktstrasse erhält der Bummler die Antworten, die er sucht. Oder irgendwie auch nicht. Einige Kunden seien im Sommer zu Hause geblieben, als hier schönes Wetter herrschte, und hätten jetzt kurzfristig gebucht, erklärt Rolf Probst. Sie wollten wohl den Sommer auf Mallorca oder in Griechenland verlängern. Städtereisen seien gefragt, und manche würden den Zug nehmen, statt zu fliegen, meint Christina Habegger. Viele würden auch jetzt schon ihre Ferien für nächstes Jahr in Übersee buchen. Aber einen «Klimaeffekt», nein, den gebe es nicht wirklich. Auch eine Verteuerung der Flugtickets werde nicht viel bewirken, vermutet der erfahrene Reiseprofi.
Da habe die Insolvenz von Thomas Cook schon eher Wirkung gezeigt. Einige Kunden, die sonst übers Internet buchen würden, zögen jetzt die Beratung im Reisebüro vor. Gut fürs Geschäft ...
Greta ist also noch nicht in Grenchen angekommen. Noch nicht.