Beschaffungswesen
Schwedische Busse für die BSU: Es werden Stimmen für mehr Heimatschutz im Solothurner Submissionsgesetz laut

Der Kanton Solothurn will der neuen interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen beitreten und dazu sein Submissionsgesetz revidieren. Nun wird der Ruf laut, darin eine sogenannte Preisniveauklausel einzubauen, um inländische Anbieter konkurrenzfähiger gegenüber Mittbewerbern aus Ländern mit tieferen Preisen zu machen. Die Diskussion dürfte durch den Ärger über Busbeschaffungen im Ausland angeheizt werden.

Urs Moser
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Elektrobusse für Solothurn aus Schweden: Das erregte die Gemüter.

Elektrobusse für Solothurn aus Schweden: Das erregte die Gemüter.

Zvg

Die Busbetriebe im Kanton beginnen mit der Umstellung ihrer Flotte auf Elektrofahrzeuge. Die Bellacher Carrosserie Hess AG gilt als ein weltweit führendes Unternehmen für Elektrobusse, der Busbetrieb Solothurn und Umgebung BSU hat seine ersten Fahrzeuge aber beim schwedischen Nutzfahrzeughersteller Scania bestellt.

Dass der lokale Anbieter nicht zum Zug kam, sorgte für helle Aufregung, die Verantwortlichen von BSU und RBS (die beiden Unternehmen arbeiten bei Fahrzeugbeschaffungen meist zusammen) mussten sich zum Teil regelrechte Beschimpfungen anhören. Die Bestimmungen des öffentlichen Beschaffungsrechts liessen keine Wahl, rechtfertigt man den Entscheid beim BSU-Verwaltungsrat.

Scania produziert in Polen und damit sicher weitaus günstiger als die Hess AG vor Ort. Gut möglich, dass sich das Drama bald wiederholt: Derzeit läuft eine internationale Ausschreibung des Busbetriebs Olten Gösgen Gäu BOGG, bis zum 5. Mai sind die Angebote für die Lieferung von «mindestens fünf Elektrolinienbussen» einzureichen.

Diskussion über neues Submissionsgesetz steht an

Die Sache mit den Bussen hat das Potenzial, die politische Debatte über eine sonst doch eher «papierene» Materie emotional aufzuladen: Im Kanton läuft gerade der Prozess für den Beitritt zu einer erneuerten interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen und damit verbunden einer Revision des kantonalen Submissionsgesetzes.

Abgesehen von rechtlichen Bedenken, ob dies überhaupt zulässig wäre, sieht der Regierungsrat auch gar kein Bedürfnis, in die kantonalen Bestimmungen eine sogenannte Preisniveauklausel einzubauen, die einheimischen Anbietern bessere Chancen verschaffen würde. Es würden nämlich «nur ganz vereinzelt öffentliche Aufträge mit in der Regel kleinen Summen» an ausländische Anbieter vergeben, schreibt er in der Vernehmlassungsbotschaft.

Das dürfte man in den Kreisen, die sich über den Kauf der Schweden-Busse empören, wohl etwas anders sehen. Preisniveauklausel heisst: Bei den Zuschlagskriterien werden im Vergabeverfahren unterschiedliche Preisniveaus in den Ländern berücksichtigt, in denen nachgefragte Leistungen erbracht werden. Der offerierte Preis wird also je nach Produktionsstandort bei der Bewertung der Angebote um einen bestimmten Faktor korrigiert.

Das verhilft einheimischen Anbietern im Hochpreisland Schweiz im Wettbewerb mit ausländischer Konkurrenz zu gleicheren Spiessen, sagen die Verfechter einer Preisniveauklausel. Es schafft Probleme mit dem Gebot derer Nichtdiskriminierung und wäre nur in wenigen Fällen umsetzbar, sagen die Skeptiker.

Klausel zu Preisniveauvorteilen im Ausland

Die interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen sieht denn auch keine Preisniveauklausel vor. Eine solche als neues Zuschlagskriterium ins kantonale Submissionsgesetz einzubauen wäre «konkordatswidrig» und somit nicht zulässig, sagt der Regierungsrat. Im Gros der Vernehmlassungsantworten zur Submissionsgesetz-Revision wird das aber anders beurteilt.

Die eidgenössischen Räte haben nämlich sehr wohl eine Preisniveauklausel in das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen gepackt. Da es im laufenden Prozess um eine Harmonisierung des Submissionswesens geht, sei es unverständlich, dass man hier mit der interkantonalen Vereinbarung auf halbem Weg stehenbleiben will, macht etwa die Solothurner Handelskammer geltend.

Die unterschiedlichen Preisniveaus nicht als Vergabekriterium zu berücksichtigen, stehe einer Harmonisierung auf allen Ebenen – Bund, Kantone und Gemeinden – diametral entgegen. Die Handelskammer fordert deshalb, im Submissionsgesetz sei im Sinn einer kantonalen Ausführungsbestimmung eine Preisniveauklausel analog zur Bundesgesetzgebung einzubeziehen.

Parteien lassen Bedenken nicht gelten

Hält die Regierung in der definitiven Botschaft an den Kantonsrat an ihrer ursprünglichen Fassung fest, dürfte sie damit im Parlament einen schweren Stand haben, denn die bürgerlichen Parteien schliessen sich in ihren Vernehmlassungsant­worten der Argumentation der Handelskammer fast unisono an.

Die SVP übernimmt dabei deren Ausführungen praktisch wortwörtlich. Das ­Argument, die Ergänzung der Zuschlagskriterien im kantonalen Submissionsgesetz sei nicht erlaubt und aufgrund von Praktikabilitätsgründen und rechtlichen Bedenken nicht sinnvoll, lasse man nicht gelten, heisst es da.

Auch die Freisinnigen stellen sich auf den Standpunkt, dass es die Bestimmungen der interkantonalen Vereinbarung im Rahmen des übergeordneten Rechts sehr wohl zuliessen, weitere Zuschlagskriterien wie eine Preisniveauklausel zu definieren. Der Kanton Solothurn müsse diesen Spielraum zum Schutz der lokalen Wettbewerbsteilnehmer ausschöpfen.

FDP wie SVP stimmen dem ­Beitritt zur interkantonalen ­Vereinbarung nur unter diesem Vorbehalt zu. Die CVP fordert zumindest, dass sich der Kanton Solothurn «mit aller Vehemenz dafür einsetzt, dass das zusätzliche Zuschlagskriterium bezüglich unterschiedlicher Preisniveaus doch noch in die interkantonale Vereinbarung einfliesst» und es dementsprechend im kantonalen Submissionsgesetz berücksichtigt wird.

Nur die Grünliberalen halten der Regierung die Stange: Man unterstütze die Haltung, wonach das Kriterium unterschiedlicher Preisniveaus kaum umsetzbar und kaum mit internationalem Recht vereinbar sei. Ein De-facto-Heimatschutz für inländische Anbieter entspreche auch nicht den liberalen Grundsätzen der GLP.