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Helene Amrein aus Trimbach will für Games eine Lanze brechen. Sie hat eine Plattform mit Game-Empfehlungen für alle Altersklassen lanciert.
«Es ist immer noch ungewöhnlich, wenn ich mich vorstelle und sage: ‹Ich bin Game-Designerin und Lehrerin.›» Helene Amrein versucht dennoch, ihre beiden Berufe unter einen Hut zu bringen. Nach der pädagogischen Ausbildung und einigen Jahren Unterricht wagte sie sich an das Game-Design-Studium an der Zürcher Hochschule der Künste. «In meiner Kindheit war Gamen nie ein Thema. Meine Eltern erlaubten es mir nicht», erzählt die 36-Jährige. Kaum sei sie aber mit 21 Jahren ausgezogen, habe sie «alles aufgeholt». Dennoch musste sie sich durchs Studium kämpfen, da sie bisher rein analog gearbeitet hatte: «Ich hatte richtig grosse Ideen, konnte sie aber nicht umsetzen, da ich die Fähigkeiten dazu nicht hatte.» Für den Bachelor-Abschluss habe sie sich einiges neu aneignen müssen.
Danach arbeitete Amrein als App-Entwicklerin für Start-ups in Bern und Zürich. Schliesslich vertiefte sie sich in den Bereich «Augmented Reality» — was so viel heisst, als dass die reale Welt mit virtuellen Inhalten ergänzt wird. «Das war noch vor dem grossen Hype, der in den vergangenen Monaten entstanden ist.» Es habe sie fasziniert, wie man traditionelle Medien mit digitalen Inhalten kombinieren könne.
Nach einiger Zeit bei einem Start-up machte sie sich erneut auf die Suche nach ihrer Berufung. Amrein erzählt: «Meine Tante, die Schulleiterin war, meinte, ich solle doch meine beiden Jobs zusammenbringen.» Die Trimbacherin folgte diesem Rat: Während zweier Jahre übernahm sie verschiedene Stellvertretungen in Primar- oder Oberstufenschulen. Mal unterrichtete sie die Kinder gezielt im Fach Informatik, mal war sie Klassenlehrerin und versorgte ihre Schüler nach den Lektionen mit Game-Empfehlungen. «Bei den Primarschülern war ich dann als Lehrerin sehr cool, bei den Jugendlichen bewirkte es eher eine Abwehrreaktion», sagt Amrein und lacht.
Doch ebendiese Situationen haben die 36-Jährige schliesslich auf ihr neustes Projekt gebracht: Amrein hat vor wenigen Tagen eine Website hochgeschaltet, «lenesfuchsbau.ch» heisst sie. Ein kleiner, roter Fuchs erwartet die User auf der Homepage. Das Projekt hat Amrein im Rahmen ihres einjährigen Forschungsaufenthalts an der Pädagogischen Hochschule Bern entwickelt. Das Ziel der Plattform: «Ich will einer breiten Zielgruppe verschiedene Games vorstellen, die ich empfehlen kann», erklärt Amrein. Jede Woche lade sie ein bis zwei neue Spieltipps rauf. Die Computerspiele können dann auf anderen Plattformen heruntergeladen werden.
Die Games sollen «schlaue Spiele» sein, darum auch der Fuchs im Logo. «Lene» kommt von ihrem Spitznamen. Amrein: «Damit will ich die Website personalisieren, schliesslich sind es meine persönlichen Empfehlungen.» Die passionierte Gamerin hat bereits eine ganze Liste an Spielen zusammengestellt, die sie noch hochladen will. Darunter sind Puzzles, Augmented-Reality-Games, Lern- oder Geschicklichkeitsspiele. Amrein verspricht: «Spiele, die explizit erst ab 18 Jahren freigegeben sind, wird es in meiner Sammlung nicht geben.» Solche Games könne sie nicht ohne Erklärung neben die Kinderspiele in ihrem virtuellen Regal stellen. Dieses Thema will Amrein dann aber später in ihrem Blog aufgreifen.
Mit Games, die Kriegs- oder Gewaltszenen darstellen, trifft man bei Amrein auf einen wunden Punkt: «Diese Diskussion wird seit über 20 Jahren geführt und ist längst ausgelutscht.» Ausserdem bemängelt sie, dass nur auf einer emotionalen Ebene diskutiert werde und die negativen Aspekte stets im Vordergrund stehen würden. «Natürlich machte es mich auch betroffen, als ein 8-jähriger Schüler von mir zu Hause alleine ein Game wie ‹Grand Theft Auto› gespielt hat», erzählt Amrein, die seit Kurzem im Vorstand des Schweizer Ablegers der International Game Developers Association ist. Das spreche aber lediglich dafür, dass die Eltern mehr auf die Altersfreigaben achten müssten. «Junge Gamer ab 18 Jahren – für sie ist das Spiel gedacht – können nämlich sehr wohl zwischen Realität und Fiktion unterscheiden», ist sich Amrein sicher.
Ausserdem reizen solche Spiele damit, dass der Gamer darin «Dinge tun kann, an die er in der realen Welt nicht mal denkt». Die Pädagogin möchte aber betonen: «Ich will auf keinen Fall die problematischen Aspekte solcher Games verharmlosen. Aber es ist schade, dass man nur auf das Negative fokussiert.» Sie wünscht sich darum eine offene Diskussion über alle Arten von Computerspielen. Und mit ihrer neuen Plattform, die sie selbst finanziert, möchte die Trimbacherin einen Teil dazu beitragen: «Ich will eine Lanze für meine Games brechen. Sie sollen für sich selbst sprechen können.»