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Das Krematorium der Stadt Solothurn behält das Gold und Platin, das beim Kremieren zurückbleibt. Bisher hat dafür eine rechtliche Grundlage gefehlt. Das soll sich nun ändern. Das Reglement wird revidiert.
Der «Kassensturz» hatte es an den Tag gebracht: In Solothurn profitiert die Stadt von Gold und Platin, das beim Kremieren anfällt. 45 000 Franken kamen letztes Jahr so zusammen, und der Erlös wanderte in die Spezialfinanzierung Friedhof. Immerhin profitierten davon Leute, die eine Bestattung vornahmen: Die Kosten reduzierten sich mit diesen Zusatzeinnahmen pro Fall um immerhin 45 Franken.
Stossend war jedoch, dass eine rechtliche Grundlage bisher nicht bestand, vor allem nicht auf Papier. Das holt die Stadt nun nach: Das Bestattungs- und Friedhofsreglement wird teilrevidiert. Und festgehalten, dass «nach der Kremation der Asche alle metallischen Stoffe entnommen werden». Und: «Der Ertrag aus dem Verkauf der rezyklierbaren Stoffe wird der Spezialfinanzierung Friedhof gutgeschrieben.»
Immerhin hat auch der Schweizerische Verband für Feuerbestattung seinen Ehrenkodex inzwischen mit der Ergänzung aufpoliert, dass der Asche entnommene Gegenstände gegenüber den Angehörigen offen und klar deklariert und der Umgang mit Wertstoffen nachvollziehbar dargestellt wird. Und: «Im Fall der Verwertung verpflichtet sich das Krematorium zu absoluter Transparenz über den Verbleib der Erlöse.»
«Nein, die Angehörigen werden nicht aktiv auf die Entnahme der Stoffe hingewiesen», bestätigt Stadtschreiber Hansjörg Boll. Aber es stünden ihnen zwei Möglichkeiten offen: Sie könnten die Stoffe beanspruchen, was jedoch ein aufwendiges Zeremoniell nach sich ziehen würde. «Nach dem Vier-Augen-Prinzip muss der Kasten mit den Metall-Rückständen von zwei Personen vor der Kremation geleert und alles in einem Safe deponiert werden.» Dann, nach der Kremation würde die Aschemühle wieder geleert und die Metallreste im Kasten den Angehörigen ausgehändigt. «Das ist in der Regel ein schwarzes Kügelchen», so Boll. Eine Analyse der Rückstände und eine Trennung der Legierung bei Fachleuten käme auf rund 500 Franken zu stehen – und selbstverständlich würde die Stadt noch die anfallenden Arbeitskosten für die «Evakuierung» in Rechnung stellen.
Viel einfacher wäre die zweite Möglichkeit: Man kremiert nicht in Solothurn, will man das Edelmetall nicht der Stadt überlassen. Denn in fast allen Krematorien gibt es (noch) keine so modernen Öfen, welche die Rückstände automatisch in der Aschenmühle aussortieren wie in Solothurn. Genau das aber ist ein wichtiges Argument für den Stadtschreiber: «Die Edelmetalle gehören nicht in den Boden.» Denn mittlerweile müssten die Urnen biologisch abbaubar sein. Boll legt aber auch Wert auf die Feststellung: «Die Kremation in Solothurn ist nicht obligatorisch.»
Heikel wird das Terrain, wenn man es von der juristischen Seite her betritt. «Die zivilrechtliche Beurteilung ist in der Schweiz noch unklar und von Lehre und Rechtsprechung nicht aufgenommen worden», wird in der Botschaft an den Gemeinderat festgehalten – dieser muss sich nächsten Dienstag mit der Revision befassen. Im «Kassensturz» wurde eine Freiburger Professorin zitiert, wonach die Edelmetalle, sobald sie aussortiert würden, zur Erbmasse gehörten. Deutsche Urteile zum Thema differenzieren allerdings: Die Edelmetalle im Leichnam gehörten zu ihm «und teilen während der Verbindung dessen Schicksal». Sowohl der Leichnam wie auch die künstlichen Körperteile (Implantate, Gelenke, etc.) stünden in niemandes Eigentum und gehören deshalb nicht zum Nachlass.
Aber: Mit der Trennung vom Leichnam würden die beweglichen Teile «eigentumsfähig». Was wiederum heisst, dass die Angehörigen ein «Aneignungsrecht» besitzen, das nicht durch andere verletzt werden darf – in diesem Fall also durch Krematorien.
Da jedoch in der Schweiz keine solche Rechtsprechung auf Urteile gestützt existiert, stellt sich Solothurn auf den Standpunkt, dass mit der Trennung körperfremder Stoffe vom Leichnam diese ebenfalls als herrenlos gelten, weil der Leichnam nicht zur Erbmasse gehört. Somit könnten die Edelmetalle in den Besitz des Krematoriums übergehen.