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Seit letzten August läuft für Werkklässler in Biberist ein spezielles Projekt zur Integration in die Arbeitswelt. Die Klasse arbeitet mehrere Stunden pro Woche ausserhalb des Klassenzimmers in verschiedenen Betrieben.
Seit letzten August geniesst die Biberister Werkklasse das «coolste» Klassenzimmer. Sie ist nämlich wegen der Schulhaussanierung nicht wie alle andern in den Container gezügelt, sondern ins Alters- und Pflegeheim Läbesgarte. Dieses bietet aber noch weit mehr als nur das Klassenzimmer. Fünf Jugendliche erhalten hier in ihrer Freizeit einmal pro Woche Gelegenheit, sich mit der Berufswelt vertraut zu machen. Erstmals in der Werkklasse kommt nämlich seit letzten Herbst das Jugendprojekt LIFT zum Tragen (siehe Kasten). «Für die Jugendlichen ist die praktische Tätigkeit in vielerlei Hinsicht ein wertvolles Lernen», sagt Lehrerin Marianne Schönmann.
LIFT bedeutet «leistungsfähig durch Individuelle Förderung und praktische Tätigkeit». Hinter dem Projekt steht das Netzwerk für sozial verantwortliche Wirtschaft (NSW) mit dem Ziel, Schule und Arbeitswelt zu vernetzen. Jugendliche mit erschwerter Ausgangslage werden in Kurzeinsätzen von zwei bis vier Stunden pro Woche, mit Vertrag, Beurteilung und kleinem Taschengeld, für einfache Arbeiten angestellt. Auch der Schweizerische Gewerbeverband sieht im praxisorientierten Ansatz eine Chance zur besseren Integration von Jugendlichen in die Berufswelt. In über 50 Schulen ist LIFT schweizweit erfolgreich vertreten. (APB)
Sei es im Team mit fremden Personen zu arbeiten, für einmal weniger attraktive Arbeit zu leisten oder sich zu überwinden, an einem besonders schönen Tag nicht einfach die Sonne zu geniessen. «Die Jugendlichen machen ihre Sache sehr gut. Sie übernehmen Verantwortung und sind pflichtbewusst», lobt Marianne Schönmann, die ihre Schülerinnen und Schüler coacht. Mit jedem ihrer Schützlinge besucht sie die Betriebe und stellt so den Kontakt mit den Ansprechpersonen her.
Fünf Betriebe machen mit
Einen Wochenplatz stellen auch die Druckerei Büetiger, die Ghielmetti AG und die Wäscherei «Washpoint» in Biberist sowie die Zentralbibliothek Solothurn. Jeden Montagmorgen diskutieren die neun bis jetzt integrierten Jugendlichen über ihre Erfahrungen. Der Tenor ist positiv und voller Lob über die Arbeit und über die netten Leute. Loris und Sydney helfen in der Küche im Läbesgarte. Hatice hilft – wie Klassenkollege Sven – in der Aktivierung und darf dort ab August ein Berufsvorbereitungsjahr absolvieren. Romana macht sich in der Lingerie nützlich. Vanessa räumt in der Zentralbibliothek Solothurn Bücher und Schallplatten ein. «Mit andern zusammenzuarbeiten, gefällt mir sehr gut», erzählt sie.
In der Druckerei Büetiger betätigt sich Milot im Finishing. «Die Arbeit ist nicht einfach, ich muss mich anstrengen», urteilt er. Joel setzt bei Ghilmetti Teile ein für Ton- und Videoübertragungen. «Wenn ich nicht dort bin, macht diese Arbeit ein Angestellter», erwähnt er stolz. Durime hilft sogar zweimal pro Woche im Waschpoint. Alle vier Monate wechseln die Schüler den Platz, um möglichst viele Berufe kennen zu lernen. Erfahrung sammelt ein Teil der Werkklasse auch ausserhalb von LIFT, wie etwa am Sommerfest und beim Erstellen von zwei Hochbeeten im Läbesgarte oder kürzlich als «Beizliwirte» am Pflanzen-Erlebnistag.
Weitere Wochenplätze gesucht
Dass sie auch künftig Schüler in ihrem Betrieb aufnimmt, ist für Petra Hartmann vom Washpoint klar. Mit solchen Einsätzen würden die Schüler lernen, was sie im Arbeitsalltag erwartet. Aber auch sie selber profitiere vom Zusammensein mit der Jugend. Betriebsleiter Sascha Gelbhaus hebt die Läbesgarte-Kultur hervor, in welcher nicht nur die Starken und Guten gefördert werden. «Wir wollen den jungen Menschen eine Chance geben. Diese spüren die Arbeitswelt, die Strukturen und verdienen etwas Taschengeld.
Zudem bekommen sie das Gefühl von Geben und Nehmen», sagt er. «Es gibt keinen Grund gegen LIFT», beteuert die engagierte Lehrerin, deren Idee, das Projekt einzuführen, von Schulleiterin Andrea Meister und Gemeindepräsident Martin Blaser unterstützt wurde. Sie hofft auf weitere Wochenplatzangebote. Einfach gestalte sich die Suche nicht, habe sie doch von 46 der 81 angefragten Firmen keine Antwort erhalten.