Handball
Noch vor dem Corona-Virus: Ex-Endingen-Torhüter Nungovitch erlebt in Moskau eine üble Geschichte

Der 30-jährige Torhüter Christophoros Nungovitch wechselte im Juli 2019 überraschend und sehr kurz vor dem Saisonauftakt nach Russland – nun hat der Zypriote Spartak Moskau aber bereits wieder verlassen. Und ist erst noch froh darüber.

Dean Fuss
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Christophoros Nungovitch hat die Ablösesumme für seinen Wechsel zu Spartak Moskau im hohen vierstelligen Bereich selber berappt.

Christophoros Nungovitch hat die Ablösesumme für seinen Wechsel zu Spartak Moskau im hohen vierstelligen Bereich selber berappt.

Alexander Wagner

Mitte Februar trifft die letzte Rate auf dem Bankkonto des TV Endingen ein. Christophoros Nungovitch hat seine Ablösesumme auf eigene Faust in vier Raten beglichen. Die Surbtaler Handballer und ihr ehemaliger Torhüter sind quitt.

Was zu diesem Zeitpunkt allerdings noch kaum jemand weiss: Nungovitch gehört dem Kader von Spartak Moskau bereits nicht mehr an. Zusammen mit fünf weiteren Spielern ist der 30-Jährige vor knapp vier Wochen aus dem Kader ausgeschieden. «Ich hatte massive Probleme mit dem Trainer», erklärt Nungovitch, als ihn die «Aargauer Zeitung» vergangene Woche telefonisch erreicht.

Nungovitch hatte den TV Endingen im vergangenen Juli nach nur einer Saison überraschend in Richtung Russland verlassen. Obwohl sein Vertrag noch ein weiteres Jahr gültig gewesen wäre, bat der 1,88 Meter grosse Zypriote den TVE um eine vorzeitige Auflösung seines Kontraktes.

Den Aufstieg in die NLA feierte Christophoros Nungovitch – inklusive Wienerli – noch mit dem TVE.

Den Aufstieg in die NLA feierte Christophoros Nungovitch – inklusive Wienerli – noch mit dem TVE.

Alexander Wagner

Schams ersetzte Nungovitch beim TVE

Er wollte die Möglichkeit, für Spartak Moskau zu spielen, unbedingt wahrnehmen. Der eben erst in die NLA aufgestiegene TVE willigte nach Vereinbarung einer Ablösesumme im höheren vierstelligen Bereich ein und machte sich nur wenige Wochen vor dem Saisonauftakt auf die Suche nach einem Ersatz.

Diesen fanden die Vereinsverantwortlichen im Tschechen Vit Schams, dessen Vertrag unlängst um ein Jahr bis Ende der Saison 2020/21 verlängert worden ist.

Torhüter Vit Schams (hinten) hat seinen Vertrag beim TV Endingen unlängst bis Ende der Saison 2020/21 verlängert.

Torhüter Vit Schams (hinten) hat seinen Vertrag beim TV Endingen unlängst bis Ende der Saison 2020/21 verlängert.

Alexander Wagner

Innert kürzester Zeit wurde aus dem Traum ein Albtraum

Nungovitch seinerseits siedelte in die russische Hauptstadt Moskau um. Die ersten Monate lief alles nach Plan. Aber dann entwickelte sich der Traum des Torhüters innert kürzester Zeit zum Albtraum. Der Grund dafür: der neue Trainer Oleg Kuleschow. Der frühere Weltklasse-Regisseur übernahm ab dem vergangenen Herbst an der Seitenlinie bei Spartak.

«Er hat keinen Respekt gegenüber der Gesundheit der Spieler gezeigt und Verletzte aus dem Kader geworfen. Ausserdem ist er ein glühender Nationalist und hat uns Ausländer deshalb wie Dreck behandelt. Das hat mir überhaupt nicht gepasst», sagt Nungovitch.

Er hat keinen Respekt gegenüber der Gesundheit der Spieler gezeigt und Verletzte aus dem Kader geworfen.

(Quelle: Christophoros Nungovitch, ehemaliger TVE-Torhüter)

In 15 Meisterschaftspartien liess sich der 30-Jährige in der russischen Super League eine Abwehrquote von 30 Prozent notieren. Hinzu kamen ein paar Auftritte in der osteuropäisch geprägten internationalen Seha-Liga und eine Partie im russischen Cup. Nach dem unschönen Ende sind das alles nur noch Erinnerungen.

Nungovitch hat seine Zelte in Moskau mittlerweile abgebrochen und Russland verlassen. «Natürlich habe ich mir das anders vorgestellt. Aber ich bin froh, dass ich in so einem grossen Klub gespielt habe», sagt er und fügt an: «Ich bereue nichts. Es gehört zum Leben, dass man gute, aber auch schlechte Erfahrungen macht. Ich schaue vorwärts und freue mich auf die Zukunft.»

Angesichts der Corona-Krise ist er lieber nicht in Russland

Kommt hinzu, dass sich der vorzeitige Abschied bei Spartak angesichts der Ausbreitung des Corona-Virus im Nachhinein als Glücksfall erweist. Denn nur deshalb ist Nungovitch jetzt nicht mehr in Russland, was in Zeiten der vom Staat lange Zeit negierten Corona-Krise nur gut sein kann.

«Ich bin froh, dass ich weg bin. Die Situation in Russland mit dem Corona-Virus ist offenbar sehr schwierig. Meine ehemaligen Teamkollegen wünschten jetzt, dass sie auch alle weg wären», sagt Nungovitch.

Ab der kommenden Saison in der 3. Bundesliga

Die Zukunft Nungovitchs heisst Deutschland. Genauer: HSG Bieberau/Modau. Bei den Falken, die in der 3. Bundesliga spielen und ihn als Nummer 1 verpflichtet haben, hat er einen ab der kommenden Saison gültigen Einjahresvertrag mit Option auf Verlängerung unterschrieben. «Das Angebot hat mir sehr gut gepasst. Ich freue mich», sagt Nungovitch.

Christophoros Nungovitch bei seiner Präsentation bei der HSG Bieberau/Modau in der 3. Bundesliga.

Christophoros Nungovitch bei seiner Präsentation bei der HSG Bieberau/Modau in der 3. Bundesliga.

Imago

Bevor Nungovitch bei den Falken beginnt, kehrt er nun erst einmal in seine Heimat Zypern zurück. Dort plant er – immer vorausgesetzt, die Corona-Krise lässt das zu – zwei Monate «ganz normal» zu arbeiten und etwas Ferien zu geniessen, ehe er sich bei seinem Ex-Klub in Nikosia auf die Rückkehr auf die Platte vorbereiten wird – befreit von den schlechten Erinnerungen, dafür mit Vorfreude auf die neue Herausforderung.