Bob
Vom Sandplatz in den Eiskanal: Die ehemalige Volleyballspielerin Melanie Hasler will als Bobfahrerin durchstarten

Die ehemalige Volleyballspielerin Melanie Hasler will nach ihrem Karrierewechsel in ihrer ersten Saison als Bobpilotin durchstarten. Während sie zuvor Anschieberin war und die Schulbank drücken musste, wird es für sie nun ernst.

Larissa Gassmann
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Melanie Halser (19.12.2019)
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Während Hasler einst im zarten Alter von sieben Jahren mit dem Volleyballspielen anfing, gilt sie nun als talentierte Nachwuchshoffnung der Schweizer Bobszene.
Zu verdanken hat sie dies ihrem Trainer und dem Tenerolager. Dort tauschte sich dieser mit anderen Betreuern aus und erzählte von Haslers beachtlichen Testresultaten auf der Sprungplatte, welche die Beinkraft misst.
Für die anwesende Bobdelegation war damals klar: Hasler gehört in den Eiskanal. Nach anfänglicher Skepsis gibt sie der ungewohnten Sportart eine Chance und ist gleich begeistert.
Nach einem langen Hin und Her entscheidet sie sich dazu, ihre Volleyballkarriere ruhen zu lassen und voll und ganz auf den WIntersport zu setzen.
«Ich habe sehr viel Zeit und Energie in das Volleyball investiert, war auf einem guten Weg. Doch die brennende Motivation war nicht mehr vorhanden», sagt sie.
Nachdem sie erst nur als Anschieberin eingesetzt wurde und nebenbei die Schulbank drücken musste, startet sie nun in ihre erste richtige Saison als Pilotin.
Bereits jetzt schon konnte Hasler mit guten Resultaten überzeugen, die junge Aargauerin blickt in eine verheissungsvolle Zukunft und hat grosse Pläne.

Melanie Halser (19.12.2019)

Melanie Hasler

Wenn eine Volleyballspielerin plötzlich im Bob durch die Gegend schlittelt, klingt das erst einmal nach einem schlechten Witz. Anders ist das bei Melanie Hasler. Die aus Berikon stammende 21-Jährige ist zwar eine Spätzünderin, auf dem Eis aber in ihrem Element. Vom Sand wagte sie sich auf den Eiskanal, die Sonne tauschte sie liebend gerne gegen die Kälte ein. Ein bisschen wie beim Film «Cool Runnings», abgesehen davon, dass es für sie nicht nur ums Dabeisein geht.

Schon früh wird klar, dass Melanie Hasler ein Multitalent ist. Im Alter von sieben Jahren gehören Hip Hop, die Jugi und Volleyball in ihren Wochenplan. Bis zur Sekundarschule bleibt sie diesem straffen Programm treu, bewirbt sich für die Sportschule Zürich, besucht täglich die Volleyballtrainings. Sie setzt auf Hallenvolleyball, aber auch auf das auf dem Sand, schafft es in die Jugendnationalmannschaft.

Auf die Sportsek folgt das Sport-KV, eigentlich hätte ab da alles klar sein sollen, der Weg vorgegeben. Doch es kommt anders. Bei ihrem Aufenthalt im Tenero-Lager tauscht sich ihr Trainer mit den Betreuern aus. Als das Thema Leistungstest zur Sprache kommt, verkündet er stolz, was für beeindruckende Resultate Hasler auf der Sprungplatte, welche die Beinkraft misst, erzielt hat. Hellhörig wird da vor allem einer: Christoph Langen, Nachwuchs- und Nationaltrainer der Schweizer Bobfahrerinnen und Bobfahrer. Von da an geht alles schnell, Hasler wird angefragt, ob sie Lust hätte, Bob zu fahren.

Ein beschwerlicher Weg in Richtung Glück

«Erst dachte ich, es sei ein Witz und habe nur gelacht», sagt sie. Doch das Lachen vergeht ihr schnell, als sie das Angebot annimmt und nach etlichen Lektionen als Anschieberin zum ersten Mal selbst in den Eiskanal muss. «Als ich oben stand, hatte ich schon Angst. Mir wurde gesagt: Entweder du kommst kreidebleich unten an und willst direkt heim oder du weisst sofort, dass die Sportart zu dir passt», sagt Hasler. Zum Glück für alle Beteiligten ist Letzteres der Fall.

Doch entschieden ist da noch lange nichts. Hasler, die zu dieser Zeit in der Nati B beim Volleyballverein Steinhausen spielt, muss für ihren Traum kämpfen. Da sie während der Volleyballsaison nicht einfach aufhören kann, fährt sie lange zweigleisig. Erst im 4. Lehrjahr bekommt sie die Freigabe für das Bobfahren. Bereut hat sie diesen Kampf nie. «Am Anfang hatte ich schon Bedenken. Ich habe sehr viel Zeit und Energie in das Volleyball investiert, war auf einem guten Weg. Doch die brennende Motivation war nicht mehr vorhanden.»

Viel grösser wird bald ihre Liebe zum Bobfahren, die Begeisterung für den Adrenalinkick, das Tempo und die Reiserei. Dass sie nun mehr Verantwortung übernehmen muss und der Sport viel fordert, stört sie kaum: «Es braucht mehr Geduld, aber es macht wahnsinnig viel Spass. Es ist eine Zeit, die ich gerne aufwende.»

Mit Vollgas dem Erfolg entgegen

In der Tat ist gerade die laufende Saison eine intensive, seit Mitte Oktober war Hasler nicht mehr daheim. Pro Tag schlagen zwei Trainings zu Buche. Doch mit der Arbeit auf Eis ist es nicht getan, fast noch mehr Zeit verbringt die Nachwuchshoffnung in der Garage. Sie arbeitet nicht nur an sich selbst, sondern auch an ihrem Bob. Schnellere Kufen, kleine Defekte, Putzarbeiten. Irgendetwas gibt es immer zu tun.

Zeit für Zerstreuungen bleibt da kaum. Trotzdem gibt es in ihrem Leben mehr als nur den Sport. Mit Klavier spielen oder Malen findet sie Zeit zum Abschalten. Sich selbst beschreibt Hasler als offen und ehrgeizig. Wenn man ihre Ziele betrachtet, muss sie das auch sein. Während sie zuvor noch die Schulbank drückte und Anschieberin war, startet sie nun in ihre erste Saison als Pilotin.

«Anfang Saison war ich schon nervös. Aber momentan fühle ich mich mega wohl, freue mich auf jede Fahrt.» Im laufenden Europacup schaffte sie es stets in die Top 15, Luft nach oben ist genügend vorhanden. Noch verlockender ist die Zukunft mit der Junioren-WM, Weltcuprennen, der im April startenden Spitzensport-RS und hoffentlich mit Peking 2022. Mit Vollgas geht es für Hasler vorwärts, förmlich schlittert sie dem Erfolg entgegen. Wer könnte da schon den Sand und die Sonne vermissen?