Auch bei ihrem ersten internationalen Hallenrennen über 400 m beweist die Nidwaldner 400-m-Läuferin ihre grossen Fortschritte.
Jetzt hat Julia Niederberger eine weitere Nagelprobe bestanden: In Metz lief die Buochserin die 400 m erstmals Indoor auf internationaler Bühne und gegen namhafte Konkurrenz. Und mit ihren 53,34 Sekunden unterstrich sie ihre Fortschritte – auch wenn sie ihre Saisonbestzeit um 41 Hundertstel verpasste. «Ich bin mit meiner Leistung mehr als zufrieden», bilanzierte die 23-Jährige.
Zu Recht: Die Leistung verdient Respekt. Im Gegensatz zum Meeting in Magglingen eine Woche zuvor, als sie ihre Bestmarke auf 52,93 Sekunden steigerte und sich damit auf Position 4 der Schweizer Allzeit-Bestenliste schob, hatte sie es diesmal mit ebenbürtiger Konkurrenz zu tun. Energieverschleiss war damit verbunden. Gegen die Ukrainerin Viktorya Tkachuk und die Holländerin Eveline Saalberg galt es, Positionskämpfe einzugehen. Um die Innenbahn entwickelte sich ein harter Kampf. Dies wirkte sich aus auf die Renngestaltung von Julia Niederberger: «Ich konnte nicht mein eigenes Rennen von der Spitze her laufen.» Der Kräfteverschleiss machte sich auf den letzten Metern bemerkbar.
Gut eine halbe Sekunde schneller als im besten Rennen des letzten Winters war Niederberger dennoch. «Ja, ich bin weiter als vor zwölf Monaten», sagt sie lachend. In den aktuellen Hallenzeiten spiegelt sich dies. Dafür gibt es auch stichhaltige Erklärungen. Auf den Leistungen im letzten Sommer, in dem sie sich als sicheres Mitglied der starken 4×400-m-Frauenstaffel (7. EM/8. WM) profilierte, konnte sie weiter aufbauen. Sie hat sich in allen Bereichen verbessert.
Julia Niederberger spricht von «einer exzellenten Vorbereitung ohne gesundheitliche Rückschläge». Und davon, dass «ich meine Arbeit als Polygrafin von 80 auf 60 Prozent reduzieren konnte». Das Entgegenkommen des Arbeitgebers schätzt sie. So war es ihr möglich, im November und Dezember an den Trainingslagern von Swiss Athletics teilzunehmen. Anzufügen ist: Die Qualität der 400-m-Zeit von 52,93 Sekunden in der Halle ist bereits höher als die 52,65 vom Sommer im Freien. Neue Bestzeiten über 200 m (23,78) und 60 m (7,57) unterstreichen dies.
Dank der qualitativ hochwertigen Arbeit und der Konstanz hat sich Julia Niederberger ein neues Selbstverständnis erarbeitet. «Aufgrund der Trainingswerte weiss ich, dass ich mich in allen Bereichen verbessert habe», sagt sie und denkt primär an die Grundschnelligkeit, die Kraftwerte, das Stehvermögen. Überraschend kommt darum der Leistungssprung für die Athletin der LA Nidwalden unter Trainer Thomy Rymann nicht wirklich. Als selbstverständlich betrachtet sie ihren neuen Standard dennoch nicht: «Die Ungewissheit begleitet mich trotzdem, und ich bin jedes Mal froh und dankbar, wenn ich mein Potenzial abrufen kann.»
Julia Niederberger weiss, dass es in diesem Eiltempo nicht immer weitergehen wird. «Ich will mich Schritt für Schritt vorwärtsentwickeln», sagt sie. Die Hallensaison geniesst dabei nicht absolute Priorität – gerade im Hinblick auf den nächsten (WM-)Sommer. Dem kommenden Wochenende aber blickt Niederberger dennoch mit höchster Spannung entgegen. An den Schweizer Hallenmeisterschaften in St. Gallen startet sie erstmals als Favoritin und damit als Anwärterin auf die Goldmedaille.
Sie sieht die Möglichkeit, ihre Bestmarke mit einem couragierten Lauf anzugreifen. Denn nur um den Titel geht es nicht. Aufgrund ihrer Leistungen hat sie auch realistische Chancen, sich für die Hallen-EM vom ersten März-Wochenende in Istanbul zu qualifizieren. «Diese wäre für mich eine spannende Gelegenheit, bei der ich meine Form auf internationalem Level nur zu gerne nochmals ausspielen würde.»