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Zwei Baustellen gibt es bei der Schweizer Nationalmannschaft vor dem WM-Qualifikationsspiel. Werden diese behoben, einem Schweizer Sieg am Freitag auf den Färöer-Inseln nichts mehr im Weg.
«Passt auf! Das könnte im Fiasko enden für euch!» Wir lächeln über die übliche Kampfansage des Aussenseiters. Doch der Mann hinter dem Bankschalter meint es ernst: «Ich sehe schwarz für die Schweizer! Wir Färinger sind am Kommen!»
Kennt der Gute die Tabelle der Gruppe B? Weiss er, dass die Schweizer die letzten sechs Spiele gewonnen haben und damit einen Rekord aufgestellt haben? Ist ihm bewusst, dass die Schweiz unter Trainer Vladimir Petkovic gegen Fussballzwerge nie etwas hat anbrennen lassen? Und hat er mal aus dem Fenster seines Büros geschaut?
Wüsste der Mann hinter dem Bankschalter über all dies Bescheid, würde er vielleicht anders reden. Dass die Färöer-Inseln gegenüber den Schweizern punkto Qualität im Nachteil sind, liegt in der Natur der Sache. Rang 80 in der Weltrangliste (Schweiz Rang 9) und nur 45 000 Einwohner (Schweiz über 8 Millionen) lassen keinen anderen Schluss zu. Doch nun können die Inselkicker nicht einmal auf den Vorteil zurückgreifen, dessen sie sich so sicher waren: das Wetter. «Kein Wind, kein Regen. Das gibt es eigentlich nie auf den Färöern. In dieser Woche scheint nur die Sonne», sagt Lars Olsen, der Nationalcoach des Inselstaates. «Unsere Chancen wären grösser, wenn es sehr windig wäre. Das sind wir uns mehr gewohnt als alle unsere Gegner.»
Auch Vladimir Petkovic weiss um die nicht unerhebliche Tatsache, dass heute Abend in Torshavn praktisch Windstille und milde Temperaturen herrschen. «Das ist ein Vorteil für uns, klar.» Den nicht ganz ernst gemeinten Grund, warum sich der Wettergott mit dem Favoriten und nicht mit dem Aussenseiter verbrüdert hat, liefert Petkovic gleich nach: «Das ist der Lohn für die letzten Monate. Wir haben gute Laune und mit dieser das gute Wetter auf die Färöer-Inseln gebracht. Jetzt braucht es nur noch guten Fussball von uns.»
Trotz all der blendenden Vorzeichen aus Schweizer Sicht, so ganz ohne Baustellen ist der Nationalmannschaftstross nicht in den hohen Norden gereist. Hinter Petkovics Mannschaft stehen zwei Fragezeichen.
Die Besetzung der Innenverteidigung: Fabian Schär gesperrt, Nico Elvedi und Leo Lacroix verletzt abgereist. Trotzdem dürfte Petkovic die Besetzung der Abwehrzentrale keine Sorgen bereiten, die Alternativen sind gut. Dieses Votum vermag beim ersten Blick auf Johan Djourou irritieren: Der Romand hat beim Hamburger SV ein schwieriges Halbjahr hinter sich, seit Ende Februar und dem 0:8 war er beim Trainer als Bauernopfer untendurch und suspendiert. Seine kritischen Worte in einem Interview mit der «Nordwestschweiz» trugen ihren Teil dazu bei. Doch schon oft während schwierigen Phasen im Klub konnte Djourou bei der Ankunft im Nationalmannschaftscamp den Schalter umlegen. Er ist Petkovics Abwehrchef – und das soll auch im Jahr vor der WM 2018 so bleiben. Dafür braucht es von Djourous Seite nun den Wechsel zum richtigen Klub, der ihm Spielpraxis garantiert.
Djourou wird heute auflaufen. Der Kopf sagt, dass neben ihm Timm Klose spielt. Der Basler gehörte in der Rückrunde zum Stamm des englischen Zweitligisten Norwich und hat in der Nationalmannschaft seine Sporen abverdient. Sollte Petkovic aber auf sein Bauchgefühl hören und die Variante «Jugend forscht» wählen, also dem FCB-Überflieger und Debütanten Manuel Akanji den Vorzug geben, wäre das einerseits eine grosse Sache für Akanji und andererseits ein klares Zeichen in Richtung Klose, dass er in den Planungen keine grosse Rolle spielt.
Die Konzentration trotz Strand vor Augen: Das Ergebnis einer Umfrage unter Nationalspielern, was sie vom Länderspieltermin zwischen Saisonende und Sommerferien halten, fiele wohl klar aus: unerwünscht. Nach einer körperlich anstrengenden Saison, nach emotionalen Wochen der Entscheidung und nach dem Abfall des Leistungsdrucks im Verein nochmals die Konzentration hochzufahren, ist alles andere als einfach. Aber, so die simple Antwort von Captain Stephan Lichtsteiner, dies gehöre nun mal zum Profifussball dazu. Umso mehr zeige sich das Berufsethos, wenn es gegen einen auf dem Papier klar schwächeren Gegner gehe: «Wer solche Spiele richtig angeht, gewinnt auch die grossen Partien.» Sorgen, dass es Nachlässigkeiten geben wird, hat er nicht: «Wir sind alles leidenschaftliche Fussballer und wollen unbedingt in einem Jahr nach Russland an die Weltmeisterschaft fahren.»