Kolumne
Ist der lustige Herr Klopp ein arroganter, selbstverliebter Pinkel?

Jürgen Klopp gilt als Kumpeltyp und wird nicht nur deswegen seit Jahren gefeiert. Nun ging er vor dem entscheidenden Champions- League-Gruppenspiel des FC Liverpool in Salzburg etwas zu weit. An einer Pressekonferenz stellte er erst einen Journalisten, dann einen Dolmetscher bloss. Ist bei Klopp alles nur Fassade?

Pedro Lenz
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Fertig mit dem Saubermann-Image: Liverpools Trainer Jürgen Klopp teilte an einer CL-Pressekonferenz ordentlich aus.

Fertig mit dem Saubermann-Image: Liverpools Trainer Jürgen Klopp teilte an einer CL-Pressekonferenz ordentlich aus.

KEYSTONE/EPA/PETER POWELL

Jürgen Klopp gilt als Trainergenie mit Sinn für Humor. Der Deutsche liebt es, an Pressekonferenzen die Leute zum Lachen zu bringen. Mit Liverpool hat er die Champions League gewonnen, und jetzt ist er auf dem besten Weg, noch den englischen Meistertitel zu gewinnen, auf welchen die Liverpool-Fans seit 1990 warten. Die Fans mögen Klopps Spielweise, und alle sind voll des Lobes für den ehemaligen Mainz- und Dortmund-Trainer.

Darf man da als Sportkolumnist die Meinung vertreten, dass dieser Klopp ein arroganter, selbstverliebter Pinkel ist, dessen Spässchen nur dazu dienen, von seinem krankhaften Ehrgeiz abzulenken? Darf man der Ansicht sein, dass hinter der lächelnden Visage viel verborgene Aggressivität steckt, die bei jeder Gelegenheit durchbrechen kann?

Ähnlich wie sein Berufskollege Pep Guardiola liebt es Jürgen Klopp, die Journalisten an Pressekonferenzen mit indirekten Antworten, ironischen Anspielungen und süffisanten Bonmots zu demütigen. An der Pressekonferenz vor dem entscheidenden Champions-League-Gruppenspiel des FC Liverpool in Salzburg befragte ein österreichischer Journalist den Liverpool-Captain Henderson.

«He, das ist ja nicht so schwer»

Als ein Dolmetscher Hendersons Antwort ins Deutsche übersetzte, mischte sich Klopp mit den Worten ein: «Es ist natürlich Scheisse für einen Dolmetscher, wenn ein deutschsprachiger Trainer daneben sitzt.» Danach korrigierte er ein, zwei Details, die seiner Meinung nach ungenau übersetzt worden waren, um zuletzt noch zu sagen: «Also schön zuhören, sonst kann ich auch übersetzen. He, das ist ja nicht so schwer.»

Natürlich darf ein Erfolgstrainer vor laufenden Kameras eitel, eingebildet, belehrend und besserwisserisch sein. José Mourinho oder Louis Van Gaal sagen oft auch eigenartige Dinge am Fernsehen. Aber im Unterschied zu Mourinho und Van Gaal, die als ungehobelte Kerle gelten, pflegt Klopp das Image eines ewigjugendlichen, locker-lustigen Kumpels.

Dass Klopp sich nach dem 2:0-Sieg seines Teams in Salzburg beim Übersetzer entschuldigte, weist ihn nicht, wie manche Medien glaubten, als Ehrenmann aus. Viel eher zeigt es, wie er sich mit seiner gespielten Grosszügigkeit auf Kosten eines Dolmetschers ein zweites Mal wichtig macht.

sport@chmedia.ch