Olympiasiegerin ist sie schon. Nun hat Mathilde Gremaud die nächste Lücke in ihrem beeindruckenden Palmarès geschlossen. Die 22-jährige Freiburgerin holt im Slopestyle WM-Gold. Freude hat auch Landsmann Andri Ragettli, der Bronze gewinnt.
Sie ist ein Bewegungstalent, wie es der Schweizer Sport noch selten gesehen hat. Mathilde Gremaud jongliert Fuss- und Golfbälle, als wäre es das einfachste der Welt. Sie macht bella figura beim Wellenreiten und am Basketball-Korb. Dabei ist ihre Kernkompetenz das Skifahren. Und zwar die krasse Art: Freestyle.
In dieser Disziplin macht die 23-jährige Freiburgerin sehr schnell auf sich aufmerksam. Mit erst 16 gewinnt sie erstmals im Weltcup. 2018 holt sie als Teenagerin überraschend Olympia-Silber im Slopestyle. Fast logisch, dass sie vier Jahre später als Medaillenkandidatin nach Peking reist, wo sie wieder liefert. Erst gewinnt sie an ihrem 22. Geburtstag die Bronzemedaille im Big Air. Wenig später legt sie mit dem Sieg im Slopestyle nach und darf sich fortan Olympiasiegerin nennen.
Doch etwas fehlt ihr noch: Der Weltmeistertitel. Diesen krallt sie sich am Dienstag. Gremaud gewinnt im georgischen Bakuriani vor der Kanadierin Megan Oldham und der Norwegerin Johanne Killi.
Es macht den Anschein, als würde ihre Sportkarriere nur eine Richtung kennen: nach oben. Aber nach ihren überragenden Olympia-Auftritten in Peking fällt Gremaud in ein Loch. Wer will es ihr verdenken. Erst 22, und bereits drei Olympia-Medaillen in der Vitrine. Doch Gremaud wäre keine Championne, würde sie nicht wieder den Weg ans Licht finden.
Rechtzeitig vor der WM findet sie an den prestigeträchtigen X-Games, wo sie Zweite im Slopestyle wird, zurück in die Spur. Und nun also WM-Gold. «Nach den Olympischen Spielen durchlebte ich eine schwierige Phase. Umso schöner ist es zu merken, dass ich es noch runter bringen und meinen Fähigkeiten vertrauen kann», resümiert Gremaud.
Neben Gremaud sind zwei weitere Schweizerinnen im Zwölfer-Feld vertreten – Olympia-Star Eileen Gu und die Lettin Kelly Sildaru fehlten. Die Slopestyle-Olympiasiegerin von 2018, Sarah Höfflin, stürzt im zweiten Umgang beim Versuch, von Rang 4 das Podest anzugreifen. Giulia Tanno muss sich mit Rang 10 begnügen.
«Andri Ragettli ist parat», sagt Gremaud vor dem Wettkampf der Männer. «Ich hoffe, dass ich ihn mit meinem Sieg zusätzlich motivieren kann und ihm etwas vom Erfolgsdruck nehmen kann.» Nach dem ersten Durchgang sieht es gut aus für Ragettlis Mission Titelverteidigung. Der 24-jährige Bündner liegt in Führung.
Als er zum zweiten Mal die Slopestyle-Piste in Angriff nimmt, ist Ragettli zwar vom Norweger Christian Nummedal auf Platz 2 verdrängt. Weil aber nach ihm nur noch Topfavorit Birk Ruud am Start steht, hat Ragettli eine Medaille auf sicher. Doch er will mehr. Er will Gold, wie 2021. Aber Ragettli greift nach einem Sprung in den Schnee und muss sich hinter Sieger Ruud und Nummedal mit Platz 3 begnügen.
«Es wäre blöd, wenn ich enttäuscht wäre über den Gewinn der Bronzemedaille», sagt Ragettli. «Ich bin gesund und habe eine WM-Medaille gewonnen – alles cool.» Gesund sind auch die anderen Schweizer, wenn auch nicht ganz so glücklich wie Teamkollege Ragettli. Marco Odermatts Freund aus Kindertagen und Weltmeister von 2015, Fabian Bösch, wird Achter und Valentin Morel Zwölfter.