Wie schon am Aargauer Kantonalen vor Wochenfrist in Lenzburg - damals gewann Christian Stucki - entführte nun auch am Solothurner der «Stargast» den Sieg: Sämi Giger blieb nach einem rumpligen Beginn makellos. Aus Solothurner Sicht erfreute vor allem das Abschneiden der Mümliswiler, die gleich fünf Kränze erkämpften. Rekord!
Im Kanton Solothurn fühlt sich Samuel Giger offenbar wohl. Nachdem er 2018 und 2019 das Bergfest auf dem Weissenstein für sich entscheiden konnte, siegte er am Sonntag am Solothurner Kantonalschwingfest in Matzendorf. Drei seiner 16 Kranzfestsiege hat der 23-Jährige aus dem thurgauischen Märstetten also schon auf Solothurner Boden erschwungen – eine beachtliche Quote. «Ich wurde mehrmals gefragt, ob mir der Kanton Solothurn liegt», sagt Giger. «Und was soll ich sagen: Offenbar ist das so.»
Giger gelang als Gast ein beeindruckendes Fest – nach einem etwas kuriosen Start. Im Anschwingen traf er auf Nick Alpiger, gegen den er am Eidgenössischen Schwingfest 2019 unterlag. Damals ebenfalls im ersten Gang. Gut möglich, dass dies in den Köpfen noch mitgespielt hat. Jedenfalls zeigten beide Schwinger kein Interesse, den Kampf überhaupt richtig zu beginnen. Beide verhinderten aktiv, dass der Gegner richtig Griff fassen konnte. Das führte so weit, dass beiden am Ende 0,25 Punkte abgezogen wurden. Der Gang endete gestellt, allerdings mit der Wertung einer Niederlage.
Alpiger schied im vierten Gang mit Verdacht auf eine Bänderverletzung im linken Fuss aus. Giger setzte zu einer Gala an. Er gewann vier Gänge in Serie und liess im Schlussgang dem Aargauer Eidgenossen Joel Strebel, der 2019 das Solothurner Kantonalschwingfest gewinnen konnte, keine Chance.
Lag es daran, dass das Teilnehmerfeld kleiner und somit auch die direkte Konkurrenz nicht so zahlreich war? Was es Können oder Glück? Oder erwischte die Delegation des Schwing-Klubs Mümliswil-Ramiswil an diesem prächtigen Sommertag in Matzendorf ganz einfach einen Lauf? Es war vermutlich von allen Faktoren, die mitspielten, ein wenig mit dabei und somit verantwortlich dafür, dass die Mümliswiler gleich mit fünf Kränzen im Gepäck den (kurzen) Heimweg antreten durften.
Fünf Kränze an einem Schwingfest? «Das hatten wir noch nie», frohlockte der technische Leiter Mümliswils, Remo Stalder. Der Eidgenosse, der aufgrund von diversen Verletzungen seine Karriere in absehbarer Zeit beenden wird, ist seit zwei Jahren als technische Leiter des derzeit erfolgreichsten Solothurner Schwingklubs engagiert. Offensichtlich mit Erfolg. In Lenzburg ganz am Schluss knapp gescheitert Simon Schmutz, Marcel Kropf, Adrian Kohler, Daniel Lisser und Fabian Bader holten sich in Matzendorf allesamt Eichenlaub.
Wobei vor allem Bader mächtig jubelte, als er seinen letzten Gegner, den Aargauer Pirmin Reinhard, auf den Rücken gelegt hatte. Da wusste der 20-Jährige, dass er sich seinen allerersten Kranz erkämpft hatte. Noch vor einer Woche war Bader in Lenzburg am Aargauer Kantonalen erst am Schluss an Tiago Vieira gescheitert. Sein Gestellter gegen das Aarauer Schwergewicht war nicht genug für den Kranzgewinn. «Ich war dort schon nah dran. Dass es diesmal gereicht hat, ist natürlich umso schöner», freute sich der Mümliswiler, der auf dem Weg zu seinem ersten Eichenlaub gefordert wurde. Bader verdiente sich seinen Kranz vor allem mit einem Sieg gegen den Baselbieter Adrian Bruder und einem gestellten gegen dessen «Kantons-Landsmann» Roger Erb, der zu den Routiniers zählt.
Fünf der insgesamt 13-Mann umfassenden Mümliswiler Crew durften am Ende also zur Ehrung erscheinen. «Das Schwingfest in Matzendorf war ja quasi ein Heimspiel für uns. Das war auch emotional ein Höhepunkt», sagt Bader. Und jetzt? Ist dieser Mümliswiler Exploit der Beginn eines neuen Höhenflugs für die Solothurner Schwinger? Remo Stalder sagt, dass sicher der eine oder andere, interessante Einheimische nachrückt. Zum Beispiel einer wie Fabian Bader? Der sagt: «Ich weiss nicht, ob ich mehr ins Schwingen investieren kann. Das kommt auch darauf an, wie es mir körperlich geht.»
So oder so: An der Dominanz der Aargauer innerhalb des Nordwestschweizer Verbands wird sich in absehbarer Zeit kaum etwas ändern. Zwar musste man auch in Matzendorf – wie schon am Aargauer Kantonalen, wo Schwingerkönig Christian Stucki gewann – dem «Gaststar» Sämi Giger den Sieg überlassen. Aber das Quartett Nick Alpiger, Andreas Döbeli, Joel Strebel und Patrick Räbmatter ist den Mittelschwingern des NWSV ziemlich weit entrückt – nicht nur den Solothurnern.
Matzendorf. 124. Solothurner Kantonales Schwingfest. (93 Schwinger, 550 Zuschauer). Schlussgang: Samuel Giger (Ottoberg) bezwingt Joel Strebel (Aristau) nach 2:02 Minuten mit Wyberhaken und Nachdrücken.
Rangliste: 1. Giger 58,50. 2. Oliver Hermann (Erlinsbach) und Andreas Döbeli (Sarmenstorf), je 57,75. 3. Patrick Räbmatter (Uerkheim) 57,25. 4. Strebel, Simon Schmutz (Langenbruck/Mümliswil-Ramiswil), Marcel Kropf (Mümliswil-Ramiswil), Fabian Bader (Mümliswil-Ramiswil), Adrian Kohler (Balsthal/Mümliswil-Ramiswil) und Samuel Brun (Ettingen), je 57,00. 5. Domenic Schneider (Friltschen), Mario Schneider (Schönenberg an der Thur) und Daniel Lisser (Mümliswil-Ramiswil), je 56,75.