Die Revanche ist geglückt! Nach dem enttäuschenden 0:0 in Belfast bezwingt die Schweizer Fussballnati Nordirland in Genf mit 2:0. Damit kommt es im November in Italien wohl zum Final um den Gruppensieg.
Irgendwann kommt plötzlich dieser eine böse Gedanke: Wenn sich das muntere Auslassen der vielen Chancen nur nicht rächt! Immer wieder rennen sie an, die Schweizer. Aber immer wieder verpassen sie das beruhigende 2:0. Mal schiesst Embolo drüber. Mal verpasst Zuber. Dann vergibt Fassnacht. Und schliesslich wieder Embolo. 25 zu 2 lautet das Schussverhältnis kurz vor Schluss.
Nordirland trägt rein gar nichts zu diesem Fussballabend bei. Aber eben: Ein hoher Ball, ein platzierter Kopfball und plötzlich könnte alles anders sein. Doch dann, endlich, die Erlösung. Die Nachspielzeit läuft bereits, als Fassnacht abermals alleine vor dem Tor auftaucht. Und nun doch noch trifft. 2:0. Die Pflicht ist erledigt. Gerade für Trainer Murat Yakin ist es eine Erleichterung. Es ist sein erster wichtiger Sieg als Nationaltrainer. Und darum auch für ihn eine kleine Erlösung.
Um 22:40 Uhr ist das Spiel zu Ende. Noch einmal brandet grosser Jubel auf im stimmungsvollen Stade de Genève. 19'129 Fans haben den Abend zu einem Erlebnis gemacht. Sie unterstützen die Nati von Anfang bis Ende. Bis auf die wenigen in Grün gekleideten Nordiren gehen alle zufrieden nach Hause.
Auch die Spieler verdienen sich die Ehrenrunde redlich. Nach zwei 0:0 in den letzten WM-Qualifikationspartien gegen Italien und in Nordirland verdienen sie sich heute den Sieg mit einer beherzten Leistung. Nie lassen sie locker oder sich entmutigen, weil die Tore nicht fallen wollen.
Der Schweizer Sieg bedeutet zunächst einmal, dass Rang 2 in dieser Gruppe praktisch gesichert ist. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Nordiren noch an der Schweiz vorbeiziehen sollten. Doch nun gilt es natürlich, vorwärts zu schauen. Zuerst folgt am Dienstag das Spiel in Litauen. Bevor es dann im November in Rom zum Finale um den Gruppensieg gegen Italien kommt.
Fast zwei Jahre ist es her, seit die Schweizer Nationalmannschaft letztmals in Genf spielte, im Oktober 2019 war es, beim für die EM-Qualifikation wegweisenden 2:0 gegen Irland. Und es scheint, als würde Genf der Nati besonders gut liegen. Zum sechsten Mal seit der Wiedereröffnung des Stade «La Praille» im Jahr 2003 bestritt die Schweiz heute ein Qualifikationsspiel – immer konnte sie es siegreich gestalten. Diese Serie war auch gegen die biederen Nordiren nie gefährdet.
Natürlich, es dauerte, bis der Schweiz der erlösende Führungstreffer gelang. Steven Zuber war es, der wenige Sekunden vor der Halbzeit nach zwei schweren Fehlern der Nordiren und der tollen Vorarbeit von Rückkehrer Breel Embolo überlegt zum 1:0 abschloss.
Weil die Gäste zu diesem Zeitpunkt aber bereits nur noch zu zehnt auf dem Platz standen, war dies eigentlich gleichbedeutend mit dem Sieg. Nordirlands linker Aussenverteidiger Jamal Lewis schaffte das Kunststück, nach 37 Minuten wegen Zeitspiels des Feldes verwiesen zu werden. Wenige Minuten zuvor hatte er Embolo niedergerissen. Dann wartete er bei einem Einwurf so lange zu, bis Schiedsrichter Slavko Vincic genug hatte und ihn abermals verwarnte. Der Platzverweis mochte hart sein – aber konsequent. Vincic hatte die Nordiren zuvor bereits mehrfach ermahnt.
Wenig hätte gefehlt, und die Partie hätte bereits früh eine Richtung genommen, wie sie sich die Schweizer wohl nur erträumt haben. Erst gut drei Minuten sind absolviert, als Denis Zakaria aus 25 Metern herrlich flach ins Tor trifft. Doch der Treffer zählt nicht, der Videoschiedsrichter hat ein Abseits von Mbabu bemerkt, der ein Millimü zu weit vorne steht.
Doch die Schweizer erholen sich schnell vom ersten Schock. Sie spielen kreativ und beschwingt. Es ist ein ganz anderer Eindruck, den sie hinterlassen als vor drei Wochen noch in Belfast, als ihnen in der Offensive kaum etwas gelang.
Wenn es etwas auszusetzen gibt an ihrem Auftritt, dann ist das nur eines: die mangelnde Chancenverwertung. Das Nervenspiel bis zum Schluss hätte nicht sein müssen. Es würde helfen, wenn sich das am kommenden Dienstag in Litauen ändert. Und vor allem am 12. November gegen Italien. Es ist die Voraussetzung dafür, dass die grosse Überraschung - und damit die direkte WM-Qualifikation - doch noch gelingen könnte. Ansonsten kommt es zum Nachsitzen in der Barrage im kommenden März.
Xherdan Shaqiri: Ich bin stolz auf die Mannschaft, die hat heute wirklich eine gute Leistung gezeigt. Einziger Kritikpunkt ist die mangelnde Chancenauswertung. Aber wir haben zu Null gespielt, was auch sehr wichtig ist. Schlussendlich haben wir verdient gewonnen.
Steven Zuber: Die Nordiren haben es uns schwer gemacht, aber heute konnten wir die Räume gut besetzen, haben schnell nach vorne gespielt und viel rotiert. Das war der Unterschied zum Spiel in Belfast.
Breel Embolo: Ab der roten Karte haben wir sehr gut gespielt und ein Tor vor der Halbzeit gemacht. Zudem haben wir Konter sofort unterbunden. In der zweiten Hälfte haben wir so weitergespielt. Es ist aber etwas ärgerlich, dass mir kein Tor gelungen ist.
Murat Yakin: Wir wollten den Sieg und haben verdient gewonnen. Die Mannschaft hat heute Spielfreude und Disziplin gezeigt. Wir wussten, dass wir schnell spielen und Räume finden müssen, was uns gelungen ist. Ein grosses Dankeschön an die Fans, die heute eine tolle Stimmung gemacht haben.