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Im Bereich Sonnenenergie wird in den nächsten Jahren ein Boom stattfinden. Wenn der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossene Sache bleibt. Mit im Rennen dabei sein wird auch Langenthal.
Schon im nächsten Jahr sollen an der Gaswerkstrasse Solarmodule produziert werden. Ein Solarmodul in der Standardgrösse 1 auf 1,6 Meter bestehe aus 60 Solarzellen von 15 auf 15 Zentimeter, erklärt dazu der künftige Firmenchef Jürg Tschofen.
Das Büro der Solarfirma ist bereits im Dachstock des alten Amtshauses beim Bahnhof eingemietet. Vergangene Woche reichte die Solar Industries AG, so der Name der Firma, das Baugesuch ein, das nächstens publiziert wird. Bezüglich Grundstück sei sich die Firma mit der Stadt einig.
Solar Industries AG will das Grundstück der Stadt abkaufen. Was noch fehlt, ist die Zustimmung des Stadtrates. Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) bestätigt die Verkaufsverhandlungen. «Der Kauf ist verurkundet unter Vorbehalt der Zustimmung des entsprechenden Organs. In diesem Fall ist das der Stadtrat.»
Die Solar Industries AG will laut eigenen Angaben ihr Engagement auf die gesamte Wertschöpfungskette der Solarindustrie ausbauen und ihre industriellen Beteiligungen aktiv weiter entwickeln. Sie plant an der Gaswerkstrasse einen Mehrschichtbetrieb in einer automatisierten Anlage. «Geplant ist, in Stufen 150 Megawatt jährlich zu produzieren», ergänzt Tschofen.
Netzparität ist das Schlüsselwort
Erstaunlicherweise wird der Produktionsbetrieb in der Schweiz aufgebaut. «Wir sind stark daran interessiert, möglichst schnell eine Netzparität zu erreichen und die Stromentstehungskosten bei den Solaranlagen zu verkleinern», erklärt Verwaltungsratspräsident Rolf Wägli. Netzparität bedeutet, dass der Strom aus der Solaranlage ebenso günstig wie der Strom aus der Steckdose ist.
Die Grenze zur Netzparität liege momentan in Norditalien und schreite mit abnehmenden Modulkosten nach Norden. «Drei Faktoren sind entscheidend. Die Modulkosten, die Sonneneinstrahlung und die Energiekosten. Diese sind in Italien beispielsweise sehr hoch.» Die Modulkosten konnten in den vergangenen fünf Jahren in der Schweiz, gemäss Wägli, jährlich um 20 bis 30 Prozent gesenkt werden. «Das ist substanziell.» Solar Industries AG wolle etwas machen, das einen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen bringe. «Und etwas, das einer Sinnstiftung dient, aber am Ende dem Kapitalgeber auch eine Rendite bringt.»
Lokales Produkt
Grundsätzlich seien bei einem Hersteller von Solarmodulen nicht die Lohnkosten der grösste Kostentreiber, sondern die Anlagekosten. Wägli: «Je höher automatisiert, desto teurer die Anlage. Zudem fallen die Standortkosten wie Kauf des Grundstückes und Abschreiber, Steuern und Abgaben ins Gewicht. Personalkosten machen am Ende nur wenige Prozent der Gesamtkosten aus.»
Auf Unterstützung hofft der in Zürich wohnhafte Wägli beim Kanton Bern mit einer Anschubsfinanzierung und Steuererleichterungen. Wettbewerbsnachteile gegenüber Anbietern beispielsweise aus China will er einerseits mit einer hoch automatisierten Anlage begegnen. «Wir schaffen nicht Hunderte von Arbeitsplätzen, sondern einige Dutzend.» Andererseits zählt er auf mentale Effekte: «Der Konsument will nach Möglichkeit ein lokales Produkt kaufen.» Drittens glaubt Wägli, ein qualitativ hoch stehendes Produkt anbieten zu können.
Und warum Langenthal? «Wir haben versucht, uns an einem Ort niederzulassen, wo wir logistisch zentral liegen, um für längere Transporte auch die Bahn nutzen zu können.» Ein weiterer Grund ist der Lieferant der Automationsvorrichtung. Diese kommt von einer Firma ein paar Meter westlich – von der Firma Güdel.
Grosses Startkapital
Die künftige Langenthaler Firma ist momentan im Kanton Glarus domiziliert. Die Investoren haben bereits diverse Aktienkapitalaufstockungen mitgemacht. Inzwischen sind über 30 Millionen Franken Startkapital vorhanden. «Zusätzlich sind wir mit den Banken im Gespräch, um die Finanzierung des Leasings der Anlagen gewährleisten zu können.» Zu den wichtigen Aktionären gehören der Entwicklungsfinanzierer New Value, die Ernst-Göhner-Stiftung sowie «Energie Wasser Bern». Wägli ist auch bei «New Value» Verwaltungsratspräsident.
Noch ist Wägli aber vorsichtig. Hinter den Kulissen gebe es einen grossen Verdrängungskampf zwischen der Atomindustrie und der Industrie rund um erneuerbare Energien. Im Lichte der jüngsten Entscheide im Bundesrat sei dieser Verdrängungskampf noch nicht ausgestanden, so Wägli.