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An einem Podiumsgespräch ging es für einmal nicht um den Bau, sondern um den Inhalt des künftigen Luzerner Theaters.
Abriss und Neubau oder Erweiterung? Die Debatte um die bauliche Erneuerung des Luzerner Theaters ist in vollem Gang. Dabei stellen sich auch inhaltliche Fragen. Braucht Luzern überhaupt ein festes Theater? Was soll im neuen Haus aufgeführt werden – und von wem für wen? Solche und ähnliche Fragen wurden am Mittwoch an einem Podiumsgespräch im Hotel Schweizerhof diskutiert.
Organisiert wurde die Veranstaltung von den Parteien FDP, CVP und Grüne in Zusammenarbeit mit der «Luzerner Zeitung». Sechs Persönlichkeiten aus der nationalen und europäischen Kulturszene waren auf dem Podium versammelt.
Moderiert wurde das Gespräch von Christian Peter Meier, stellvertretender Chefredaktor und Leiter regionale Ressorts unserer Zeitung, sowie Robert Knobel, Ressortleiter Stadt/Region Luzern. Rund 150 Personen verfolgten die spannende Diskussion. Wie Theater im Jahr 2040 aussehen werde, wurde Elke Hesse gefragt, Direktorin von «Musik Theater» (MuTh), dem neuen Konzertsaal der Wiener Sängerknaben, sowie Leiterin des neuen Pühringer-Kulturzentrums in Vitznau. Hesse: «Das Theater in 20 Jahren wird ein Theater der Kooperationen sein. Es wird auch sehr starke neue technische Anforderungen geben sowie viele, auch internationale, Kooperationen.»
Die erste Frage, bevor man ein solches Projekt in Angriff nehme, müsse sein: «Was wollen wir darin präsentieren? Was macht darin Sinn?», sagte Hesse und ergänzte: «Wichtig ist es, ein offenes Haus zu machen, in dem auch die junge Generation sich zurechtfindet.» Der neue Konzertsaal für die Sängerknaben im gesättigten Markt in Wien habe erst nach grossem anfänglichem Widerstand realisiert werden können. Hesse:
«Es geht eben nicht um Konkurrenz, sondern darum, dass sich Kulturhäuser gegenseitig befruchten.»
Birgit Aufterbeck, Präsidentin des Stiftungsrats Luzerner Theater, betonte: «Das Theater muss eine echte Begegnungsstätte sein, lebendig und geliebt, wo man vielleicht auch mal einen Geburtstag feiern kann.» Auch für Franz Patay, Geschäftsführer der Vereinigten Bühnen Wien, ist klar: «Im Theater geht es um Emotionen, ums Zwischenmenschliche.»
Das Luzerner Theater müsse auch in Zukunft über ein eigenes Ensemble verfügen. Das schreiben die städtische und die kantonale SP in einer gemeinsamen Mitteilung. Zudem müsse es
ein Mehrspartenhaus bleiben, «in dem sowohl Musiktheater, Schauspiel und Tanz stattfindet». Auch die freie Szene müsse am neuen Haus partizipieren. Das Theater an diesem zentralen Standort müsse für alle zugänglich sein, auch wenn keine Vorstellung besucht wird – «sei dies zum Beispiel über eine grosse öffentliche Dachterrasse mit Blick auf die Reuss oder ein Café im Gebäude mit Plätzen hinaus auf den neuen Theaterplatz».
Inzwischen wurde die Stiftung Neues Theaterhaus Luzern gegründet. Eines ihrer Ziele ist die Beschaffung eines substanziellen Beitrags privater Geldgeber an die Baukosten. (hb)
Sponsoring war ein wichtiges Thema. Man müsse mit Unternehmen, bei denen Kunst ein Teil der Unternehmenskultur sei, «Partnerschaften eingehen», sagte dazu Michael Boenigk, Dozent am Institut für Kommunikation und Marketing (IKM) der Hochschule Luzern. «Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.» Warum fliessen viel mehr Sponsorengelder in den Sport als in die Kultur? «Der Sport hat es in den letzten Jahren wie ein Chamäleon geschafft, auf die wechselnden Erwartungen der Unternehmen und des Publikums zu reagieren», so Boenigk. Kultursponsoring sei anspruchsvoller:
«Man kann nicht einfach im Foyer eine riesige Red-Bull-Dose aufstellen.»
Dezidierte Kritik an der derzeitigen Planung für das neue Luzerner Theater übten zwei Vertreterinnen der freien Theaterszene. «Wir dürfen nicht nur Gast sein in diesem Prozess», erklärte die Regisseurin Annette Windlin. Sie erhoffe sich «eine Diskussion auf Augenhöhe». Das sei zurzeit nicht der Fall. «Ein Gaststatus reicht uns nicht, wir wollen auch mitreden können», betonte Ursula Hildebrand, ebenfalls eine Vertreterin der freien Innerschweizer Theaterszene. «Wir haben sehr viele hervorragende Theaterschaffende in unserer Region, die man einbinden muss.» Falls dies nicht gelinge, «werden künftige junge Generationen von den etablieren hochsubventionierten Theaterhäusern wegbrechen», befürchtet Hildebrand.
Ganz wichtig ist für die Theaterpädagogin Ursula Hildebrand: «Wir dürfen keine weiteren Hüllen schaffen, bevor nicht gesellschaftlich breit diskutiert ist, mit welchen Inhalten diese Hüllen gefüllt werden sollen.»