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Zentralschweiz
Zug
Die Gegner der geplanten Einführung von Tempo 30 auf der Graben- und der Ägeristrasse sowie der Neugasse blitzen mit ihren Beschwerden ab.
Das Urteil lässt keine Zweifel offen. Auf den drei Strassen, die sich am Kolinplatz treffen, soll nicht mehr 50 Stundenkilometer gefahren werden dürfen, sondern nur noch 30. So wie das der Kanton Zug vorsieht. Gegen seine Ende 2018 verfügte Verkehrsanordnung hatten die Zuger TCS-Sektion sowie eine Gruppe von 16 ansässigen Gewerblern im Frühjahr 2019 Beschwerden eingereicht. Kürzlich hat das Verwaltungsgericht in dieser Sache entschieden und die Einwände abgewiesen.
Die Zuger Richter stellen dabei vor allem auf die Gutachten ab, die 2018 angefertigt wurden. Dies im Nachgang zu einer zwecks Lärmmessungen bundesgerichtlich angeordneten, temporären Einführung von Tempo 30 auf der Grabenstrasse. Dieses Verfahren war von lärmgeplagten Anwohnern angestrengt worden.
Ein Gutachten hält unter anderem fest, dass auf den 170 Metern vom Kolinplatz zum Casino an Werktagen zwischen 7 und 19 Uhr wegen des Verkehrsaufkommens im Mittel ohnehin nur 25 Kilometer pro Stunde gefahren werden kann. In der Nacht herrsche für die Anwohner eine tiefe Lärmbelastung. Deshalb, geht aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts hervor, «macht es überhaupt keinen Sinn, die Geschwindigkeit nur gerade für diejenigen Zeiten (nachts und an Wochenenden) zu reduzieren, in welchen sie eine messbare Lärmminderung bewirkt». Diese Forderung hatten TCS und Gewerbler während des Verfahrens als höchstzulässige Massnahme geäussert.
Der Kanton knüpfte die Einführung von Tempo 30 auf der Grabenstrasse an die gleichzeitige Ausweitung dieser Anordnung auf Teile der Ägeristrasse und der Neugasse. Das Zuger Verwaltungsgericht bewertet auch das als nachvollziehbar, denn: «Neugasse wie Ägeristrasse bis zur Torsituation (gemeint ist die Verzweigung Dorfstrasse, Anm. d. Red.) gehören zum eigentlichen Altstadtbereich und werden aufgrund der baulichen Gegebenheiten als zusammengehörende Altstadtstrassen wahrgenommen.» Und weil das Bundesgericht im Februar 2016 entschieden hatte, dass auf der Grabenstrasse aus Lärmschutzgründen langsamer gefahren werden soll, und dazu Tempo 30 die beste Möglichkeit sei, sei die Ausdehnung dieser Massnahme auf die genannten Strassen «angesichts der Vorteile und vernachlässigbaren Nachteile» gerechtfertigt. Dies ebenfalls rund um die Uhr.
Sicherheitsbedenken sind dafür hingegen nicht unbedingt ausschlaggebend. Denn das Gericht sieht weder im Gutachten noch in den von den Befürwortern von Tempo 30 hervorgebrachten Statistiken hinreichende Beweise für einen Unfallschwerpunkt infolge der gefahrenen Geschwindigkeit. Es schreibt dazu:
«Ob somit ein direkter Zusammenhang mit der erlaubten Fahrgeschwindigkeit besteht, ergibt sich aus den Akten nicht und damit auch nicht, ob mit der Temporeduktion die Unfallhäufigkeit gemindert werden kann.»
Wegen der allgemeingültigen «anspruchsvollen Verkehrsführung» am Kolinplatz sieht das Gericht die Sicherheit aber so oder so gefährdet. Ampeln wären in diesem Bereich der Stadt aber eine «Verschandelung» und deshalb keine Option. Die Konklusion: «Die Temporeduktion auf 30 km/h im gegebenen Perimeter, welche tagsüber ohnehin weitgehend mit den gefahrenen Geschwindigkeiten in Einklang steht, stellt das einzige vernünftige und günstig realisierbare Mittel dar, die gegebenen Sicherheitsmängel zu beheben.» Die Gegner hätten «keine triftigen Gründe» vorgebracht, «die die Erkenntnisse der Gutachter erschüttern konnten».
So bleibt den Tempo-30-Gegnern noch der Weiterzug ans Bundesgericht. Sie hätten noch nicht über diesen Schritt entschieden, teilen sie auf Anfrage unserer Zeitung mit. In einer ersten Stellungnahme äussert der Zuger TCS-Präsident Thomas Ulrich sein Befremden bezüglich der gerichtlichen Auslegung der genannten Tatsache, dass wegen des Verkehrs in dieser Gegend tagsüber ohnehin kaum schneller gefahren werden könne.
«Wir sind erstaunt, dass das Gericht sich auf dieses Argument stützt, um das Tempo generell von 50 auf 30 Stundenkilometer zu senken. Aus unserer Sicht spricht gerade das gegen diese Massnahme.»
Der Anwalt Leo Granziol vertritt die Gruppe der Gewerbler. Er zeigt sich vor dem Hintergrund des Bundesgerichtsentscheids von 2016 nicht überrascht von der Stützung von Tempo 30 auf der Grabenstrasse. Dass das Verwaltungsgericht auch Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit an der Ägeristrasse und Neugasse zulässt, habe ihn «erstaunt». Wie bei der Grabenstrasse hätten seine Mandanten darauf gehofft, dass die Massnahme nur während der Nacht gelten würde. «Das hätte unseres Erachtens während des Tages zumindest ausserhalb der Rushhours einen flüssigeren Verkehrsfluss ermöglicht», führt Granziol aus und verweist auf positive Erfahrungen in deutschen Städten. Stattdessen befürchten die Unternehmer, die er vertritt,
«vielmehr langsameren, aber dafür andauernden Verkehr mit längeren Rückstaus und damit einen weiteren Attraktivitätsverlust für die Geschäfte an diesen Strassen».
Verfahrensbeteiligt waren auch die Anwohner an und um die Grabenstrasse, die im erwähnten Bundesgerichtsverfahren 2016 für die Temporeduktion darauf kämpften. Deren Sprecher ist Daniel Brunner, den diese Angelegenheit seit 13 Jahren umtreibt. Er freut sich naheliegenderweise über das Urteil und leitet daraus eine deutliche Forderung ab:
«Für Stadt und Kanton Zug gibt es keine Ausreden mehr, endlich mit einem siedlungsverträglichen Verkehrsregime in der Innenstadt Ernst zu machen.»
Verwaltungsgerichtsurteil V 2019 10 und V 2019 15. Dieses sowie weitere aktuelle Urteile finden Sie hier.