Kommentar
«Chefsache»: Wenn der Erfolg verführt

Wenn die Ertragsüberschüsse in den Jahresabschlüssen steigen und steigen, weckt das Begehrlichkeiten. Nach dem immer gleichen Muster.

Harry Ziegler
Harry Ziegler
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«Erfolg verführt»: Dies sagte der Präsident der Geschäftsprüfungskommission (GPK) in der letzten Sitzung des Zuger Stadtparlaments. Nicht zu Unrecht. Erfolg – vor allem finanzieller – weckt Begehrlichkeiten.

Wie die Diskussion zur Rechnung 2021 der Stadt im Grossen Gemeinderat zeigte. 25 Millionen Franken hier, weitere 25 Millionen dort, zwei Millionen da, zusätzliche Millionen an anderer Stelle. Bei einem Überschuss von 77,2 Millionen Franken. Verkraftbar, sicher, auch vor dem Hintergrund vorhandener Reserven. Aber ist das auch sinnvoll?

Der Überschuss der Stadt Zug gründet unter anderem auf einem Investitionsstau. Wirft man heute für alle Anliegen mit grösseren Summen um sich, fehlen diese zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Investitionen schliesslich getätigt werden könnten. Deshalb ist bei aller Euphorie über die Geldflut Masshalten sicher nicht grundfalsch.

Dass jederzeit etwas nicht so laufen kann wie geplant, zeigt die aktuelle Lage. Pandemie, Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise, Inflation: Wie will man auf diese Herausforderungen reagieren, wenn keine Reserven vorhanden sind? Kommt in der Stadt Zug hinzu, dass – aller Wahrscheinlichkeit nach – das Volk dem Kauf des Zurlaubenhofs zustimmen wird. Dann werden 70 Millionen Franken fällig. Das bezahlt auch Zug nicht einfach so aus der Portokasse.

Natürlich ist es verständlich, dass die Begehrlichkeiten mindestens einmal jährlich ausufern. Vor allem mit Blick auf die eigene politische Klientel, die man bei Laune halten muss, schliesslich wird heuer auch noch gewählt. Das gehört zum Wesen der Politik und soll vernünftigerweise auch als ein solch wiederkehrendes Phänomen betrachtet, wählerseitig aber nicht unbedingt allzu stark gewichtet werden.

Statt jährlich bei der Beratung der Rechnung ins immer gleiche Muster der Begierde zu fallen, müsste eher die Problematik des dauernden Investitionsstaus angegangen werden. Beispielsweise indem man bürokratische Hürden wie das Baubewilligungs- und Einspracheverfahren senkt. Gelingt es, das Budget jeweils ausgeglichen und realistisch zu gestalten und einzuhalten, dann muss auch der GPK-Präsident nicht mehr Jahr für Jahr davor warnen, dass der Erfolg Begehrlichkeiten weckt, also verführt.